Skigebiete sind keine Inzidenztreiber

Wie der Vergleich zwischen Graubünden und Tirol zeigt, hatte die kontrollierte Öffnung der Skigebiete keine Auswirkungen auf die Pandemieentwicklung - aber auf die Umsätze.

Dank der kontrollierten Öffnung der Skigebiete blieb Graubünden im vergangenen Winter  ein volkswirtschaftlicher Schaden von  voraussichtlich einer Milliarde  Franken erspart.

Auch aus gesundheitlicher Sicht war die Strategie ein Erfolg: die Inzidenzen liegen 20 Prozent unter den Zahlen von Tirol und es gab 38 Prozent weniger Schneesportunfälle.

Schrecken-Szenarien nicht eingetroffen

Wie BBGR-Geschäftsführer Marcus Gschwend feststellt, hat sich die Bündner Strategie der Skigebietsöffnungen im vergangenen Winter als richtig herausgestellt: „Die prophezeiten Schreckensszenarien der Gefährdung des Gesundheitswesens sind nicht eingetroffen“.

Marcus Gschwend untermauerte dieses Fazit mit einem von BBGR zusammengestellten Vergleich der Inzidenzen von Graubünden und Tirol. Dort gab es trotz der restriktiveren Skigebietspolitik im Vergleich zu Graubündens kontrollierter Öffnungsstrategie nicht weniger Corona-Infektionen.

Im Gegenteil: Diese liegen kumuliert von Oktober 2020 bis April 2021 in Graubünden ca. 20 Prozent unter den Tirolzahlen (6’100 Fälle zu 7’400 pro 100’000 Einwohner).

Zudem zeigen die Schneesportunfälle in Graubünden keinen Anstieg der schweren Unfälle und bei den Unfällen insgesamt sogar einen Rückgang von 38 Prozent. Diese Statistik basiert auf der Unfalldatenbank von Seilbahnen Schweiz (SBS), welche die Pistenrettungsdienste führen.

Eine Millionen Gäste weniger

Die Bergbahnunternehmen sind froh, dass sie ihre Anlagen betreiben durften und so einen wesentlichen Beitrag zur Verhinderung eines volkswirtschaftlichen Schadens von voraussichtlich rund 1 Mrd. Franken leisten konnten.

Die Ersteintritte in die Skigebiete reduzierten sich in Graubünden im vergangenen Winter um 16,2 Prozent. Der Transportumsatz ging um 14,8 Prozent zurück. Über 50 Prozent Umsatzverlust erleidet die Berggastronomie.

Damit verlieren die Bergbahnen in Graubünden 1,1 Mio. Gäste und 34 Mio. Transportumsatz. Das sind die Zahlen des Tourismusmonitors von Bergbahnen Graubünden (BBGR), der mit 23 Bergbahnunternehmen 90 Prozent des Transportumsatzes der Bündner Bergbahnen abdeckt. Als Vergleichswinter wurde coronabedingt die Saison 2018/19 herangezogen.

Volkswirtschaftlicher Schaden verringert

Gemäß Marcus Gschwend gehen diverse alpine Wertschöpfungsstudien davon aus, dass die Bergbahnen pro Franken Transportumsatz 5 bis 7 weitere Franken in anderen Branchen auslösen. Bei 34 Mio. Verlust an Transportumsatz ergibt dies einen Effekt von 170 bis 240 Mio. Franken.

Wären die Bündner Skigebiete geschlossen worden, hätte bei einem verpassten Transportumsatz von 205 Mio. Franken (Winter 2018/19) der potenziell negative Effekt 1 bis 1,4 Mrd. Franken betragen.

Im Totalen verhinderte damit die Skigebietsöffnung in Graubünden gemäß der Hochrechnung von BBGR einen Verlust von voraussichtlich 0.8 bis 1,2 Mrd. Franken.

Schlechtester Winter seit 20 Jahren

Zusammen mit dem vom Lockdown im März 2020 vorzeitig beendeten Winter 2019/20 gehört der vergangene Winter zu den schlechtesten zwei Wintern der letzten 20 Jahre. Die größten Rückgänge waren, trotz bester Schneeverhältnisse, im Dezember, Januar und März zu verzeichnen.

Während der Dezember vom Bündner Lockdown geprägt war, fehlten im Januar und März die ältere Kundschaft (Risikogruppe), Gäste von Events, Firmenausflügen, Skilagern und die internationale Kundschaft. An den sehr gut frequentierten Ostertagen kamen die Gäste aus Deutschland, Italien, Benelux und Polen teilweise wieder zurück.

Die deutlichen schlechteren Zahlen im Unterengadin sind auf die Schließung des Skigebiets Ischgl zurückzuführen. Das Oberengadin spürte die fehlenden internationale Kundschaft.

Der Rückgang des Umsatzes in der Berggastronomie dürfte sich auf über 50 Prozent belaufen. BBGR-Geschäftsführer Marcus Gschwend bilanziert: „Trotz aller Herausforderungen sind die Bergbahnen im Transportbereich mit einem blauen Auge davongekommen“.

Die Terrassen-Lösung habe sich aus epidemiologischer wie auch aus Gästesicht bewährt. Dies zeigten auch die zwei Monate später vom Bund umgesetzten Öffnungsschritte für die Gastronomie. Für den kommenden Sommer sei wegen der Qualität und der Convenience auch die Öffnung der gastronomischen Innenbereiche am Berg von großer Bedeutung.

Marcus Gschwend,

Geschäftsführer Bergbahnen Graubünden (BBGR)

Investitionen werden schwierig

Gemäss BBGR-Geschäftsführer Marcus Gschwend zeigt die volkswirtschaftliche und gesundheitliche Bilanz der Bündner Skigebietsöffnungen im vergangenen Winter die Bedeutung des Zusammenspiels zwischen den privaten touristischen Leistungsträgern, den Branchenverbänden und dem Kanton.

Gemeinsam sei mit der kontrollierten Öffnung eine sinnvolle Strategie gefunden und umgesetzt worden. Zusammen mit der kantonalen Test- und Impfstrategie werde damit ein aktiver Beitrag zur Bekämpfung der Pandemie geleistet.

Die Bergbahnen bräuchten aber weiterhin Unterstützung, mahnte Geschäftsführer Marcus Gschwend. Trotz erheblichem Mehraufwand für die Umsetzung der Schutzkonzepte könnten zwar die meisten Bergbahnunternehmen die betrieblichen Kosten mit den Erträgen decken.

Die notwendigen Abschreibungen sowie betriebsnotwendigen Investitionen zu tätigen, sei aber eine Herausforderung. Zudem appellierte er an die Fremdkapitalgeber, Verständnis für die Stundung von Amortisationen und Zinszahlungen zu zeigen.

Zusätzlich brauche es Impuls- und Anschubprogramme durch Bund und Kanton für Investitionen zum Erhalt der Wettbewerbs- und Entwicklungsfähigkeit der Motoren des Bündner Tourismus. Dies insbesondere auch im Vergleich mit den Mitbewerbern im In- und nahen Ausland.