Harare: Das Potential urbaner Seilbahnen in Afrika

Welche Anforderungen und Lösungsansät- ze für urbane Mobilität gibt es im globalen Kontext? Mit dieser Frage beschäftigt sich Matthias Nüßgen vom European Institute for Sustainable Transport EURIST. Zusammen mit der Beratungsfirma Cable Car Solutions hat sein Team ein Konzept für ein urbanes Seilbahnnetz in Simbabwes Hauptstadt Harare entwickelt.

Wie viele afrikanische Städte versinkt Harare im Stau aus Autos, Sammeltaxis, Radfahrern, LKWs und Fußgängern. Ein Großteil der 2,9 Millionen Einwohner im Ballungsraum Harare pendelt von den Vororten in die Innenstadt.

Der öffentliche Verkehr besteht großteils aus 14-Sitzer-Bussen, die vier zentrale Stationen ansteuern. Die Innenstadt ist wegen Verstopfung der Straßen verboten. Ab hier übernehmen Kleinwagen den Transport – was kurioserweise zu noch mehr Verstopfung führt.

Trasse 2

hilft sowohl dem Pendel- als auch dem Zentrumsverkehr. Bilder: Nüßgen

Erschwerend kommt hinzu, dass die Menschen aufgrund fehlender Querverbindungen für fast alle Fahrten das Zentrum durchqueren müssen, um von einer Buslinie zu einer anderen zu wechseln. Die Folgen der fehlenden und fehlerhaften Verkehrspolitik sind Staus, Chaos in den Straßen, wirtschaftliche Schäden und eine geringe Lebensqualität.

Wie vielerorts auf der Welt könnten aber auch in Harare urbane Seilbahnen Teil der Lösung sein – davon ist Matthias Nüßgen vom European Institute for Sustainable Transport EURIST überzeugt. Inwiefern, das zeigte er in einem Vortrag auf der Messe Cable Car World.

Potentiale und Trassen

Zusammen mit der Beratungsfirma Cable Car Solutions (CCS) führte sein Team eine Konzeptstudie für die Hauptstadt Simbabwes durch. Zunächst wurde die Verkehrssituation analysiert: So liegen – wie vermutet – die Ausgangspunkte der analysierten Fahrten hauptsächlich in den Randbereichen der Stadt, die Ziele dagegen hauptsächlich in den zentralen Zonen.

„Wir haben anschließend das Verkehrsentwicklungspotenzial berechnet und zwei alternative Seilbahntrassen miteinander verglichen“, berichtet Nüßgen.

Die Seilbahn durchs Zentrum wurde als „Red Line“ betitelt. Trasse 1 startet in der Fourth Street und führt über die Angwa Street in die Chinhoyi Street. Die Entfernung zwischen den drei Stationen beträgt 600 bzw. 700 Meter. Das ist also nicht zu weit, um zu Fuß zu gehen – was die Seilbahn weniger sinnvoll macht:

„Trasse 1 löst zwar das Verkehrsproblem im Zentrum, jedoch nicht die Mobilität dorthin“, sagt Nüßgen.

Die Seilbahn würde aber ein städtebauliches Entwicklungspotenzial entlang der Robert Mugabe Road entfalten. Trasse 2 beginnt ebenfalls in der Fourth Street und führt über die Albion Street zum Verkehrsknotenpunkt Freedom Square.

Die Abstände zwischen den drei Stationen betragen rund einen Kilometer, liegen also außerhalb einer Fußgängerdistanz. „Trasse 2 löst sowohl das Verkehsproblem im Zentrum als auch das am Weg dorthin. Deswegen empfehlen wir diese Streckenvariante“, erläutert Nüßgen.