Bahnvarianten: Hilfsmittel schafft Rechtssicherheit

Mit dem neuen Hilfsmittel „Variantennachweis bei Seilbahnprojekten“ wird die Variantenwahl von Seilbahnprojekten in der Schweiz künftig fundierter, nachvollziehbarer und rechtssicherer. Die Branche reagiert damit auf den Entscheid des Bundesgerichtes im Fall der „Signalbahn“ in St. Moritz.

Die Engadin St. Moritz Mountains AG plante seit Langem den Ersatz der „Signalbahn“ durch eine moderne 10er-Gondelbahn und reichte 2015 ein entsprechendes Gesuch ein.

Das Projekt wurde mit lokaler Unterstützung durch eine Volksabstimmung 2014 gutgeheißen und 2018 vom Bundesamt für Verkehr (BAV) genehmigt. Dennoch wurde es von den Anwohnern angefochten.

Nachdem das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerden 2020 abgewiesen hatte, zogen die Gegner den Fall vor das Bundesgericht. Das Bundesgericht gab mit seinem Entscheid am 1. Mai 2023 den Beschwerdeführern recht und hob die erteilte Konzession und Plangenehmigung auf.

Die Hauptgründe für diesen Entscheid war die fehlende Dokumentation in der Variantenwahl des Bahnsystems inklusive der jeweiligen Abwägung der Konsequenzen auf die Bereiche Wald, Gewässerschutz und das Landschaftsbild.

Anlass Signalbahn

Die Branche reagiert mit dem Hilfsmittel auf den Entscheid des Bundesgerichtes im Fall der „Signalbahn“ in St. Moritz.

Ein strukturiertes Hilfsmittel

Aus dieser Erfahrung heraus hat eine Arbeitsgruppe unter der Leitung des BAV gemeinsam mit ARE, BAFU, IARM und SBS ein Hilfsmittel „Variantennachweis bei Seilbahnprojekten“ erstellt.

Es dient als Leitfaden für Seilbahnunternehmen (SBU), um im Rahmen von Neu- und Ersatzprojekten eine systematische und nachvollziehbare Prüfung möglicher Varianten bezüglich Linienführung und Bahnsystem durchzuführen. Dieses Hilfsmittel wurde als Anhang zur Richtlinie 1 per Ende Juli 2025 publiziert.

Das Dokument unterstützt SBU dabei, die Anforderungen der Raumplanung, des Umweltrechts sowie der Gerichtspraxis – insbesondere des Bundesgerichtsurteils 1C_567/2020 – zu erfüllen. Der Variantennachweis wird als Anhang im Umweltteil des Plangenehmigungsdossiers eingereicht.

Ein klarer Prozess mit vier Schritten

Die Vorgehensweise der im Hilfsmittel vorgeschlagenen Variantenprüfung folgt einem mehrstufigen Prozess (siehe Infobox).

Die Anwendung ist flexibel: Für Projekte mit gleichbleibender Linienführung und Bahntyp ist keine umfassende Variantenprüfung nötig, sofern Ausnahmen (z. B. Rodungen, Schutzgebiete) begründet dargestellt werden.

Prozess in vier Schritten

  1. Bedarfsnachweis: Ermittlung der Anforderungen an die Anlage etwa hinsichtlich Zielgruppen, Förderleistung oder Einbindung in die Verkehrs- und Pistenkonzepte.
  2. Bevorzugtes Bahnsystem: Grobprüfung und Auswahl des technisch und funktional geeigneten Systems.
  3. Konfliktbewertung: Prüfung alternativer Systeme auf derselben Linienführung hinsichtlich Raumplanung, Umweltwirkungen und Rechte Dritter.
  4. Vertiefte Variantenprüfung: Detaillierte Interessenabwägung, falls Alternativen bessere Lösungen für identifizierte Konflikte bieten.

Einheitliche Bewertung für Transparenz

Zur systematischen Analyse enthält das Hilfsmittel folgende praxisnahe Werkzeuge für die Bewertung und Entscheidungsfindung:

  • Tabellen mit Bewertungskriterien wie Nutzen, Betrieb, Umwelt oder Wirtschaftlichkeit
  • Flussdiagramme für den Prozess der Variantenwahl
  • Bewertungsmatrizen mit einer Skala zur Vergleichbarkeit
  • Checklisten für umweltrechtliche Aspekte, etwa Landschafts- oder Naturschutz.

Die Auswahl der Kriterien erfolgt projektspezifisch. Bahnsysteme mit offensichtlichen Nachteilen können frühzeitig ausgeschlossen werden. Für verbleibende Optionen erfolgt eine vergleichende Bewertung unter Berücksichtigung von Aspekten wie Rodung, Lärmschutz, Naturgefahren oder Gewässerschutz.

Planungssicherheit durch Klarheit

Das Hilfsmittel trägt laut SBS zur Standardisierung und Transparenz der Variantenwahl in Seilbahnprojekten bei. Es hilft, Planungsprozesse effizient zu gestalten, Mehrfachprüfungen zu vermeiden und die Nachvollziehbarkeit gegenüber Behörden, Gerichten und Öffentlichkeit sicherzustellen.

Der strukturierte Aufbau und die Integration rechtlicher Anforderungen machen es zu einem praxistauglichen Werkzeug für eine nachhaltige, wirtschaftlich tragfähige und rechtssichere Seilbahnplanung.