Personalnot: Persönlicher Service wird noch wichtiger

SI-Experte Domenico Bergamin über die Folgen des demografischen Wandels, die Erwartungen der Mitarbeitenden und realistische Handlungsoptionen für touristische Betriebe und Regionen.

Wenn Service zu kurz kommt

Der Fach- und Arbeitskräftemangel im Tourismus ist kein kurzlebiges Phänomen, sondern eine Entwicklung mit langfristigen Auswirkungen. Demografisch bedingt sinkt die Zahl der Menschen, die in den Arbeitsmarkt eintreten, während zugleich viele das Berufsleben verlassen.

Für eine Branche, die stark auf persönlichen Service setzt, bedeutet das zunehmenden Druck auf Qualität und Angebot.

Wenn die Folgen sichtbar werden

Wenn Stellen nicht mehr besetzt werden können, sind die Folgen deutlich spürbar: Servicebereiche schrumpfen, Wartezeiten verlängern sich, Öffnungszeiten werden reduziert, einzelne Angebote stehen möglicherweise nicht mehr zur Verfügung.

Diese Veränderung wirkt sich nicht nur auf Gäste aus, sondern auch auf die Motivation der verbliebenen Mitarbeitenden. Die Belastung steigt, die Frustration wächst – und mit ihr die Neigung, den Job zu wechseln oder die Branche zu verlassen.

Domenico Bergamin

Tourismusberater

Was Mitarbeitende wollen

Eine Bedürfnisumfrage der Fachhochschule Graubünden bei rund 2.000 Mitarbeitenden im Bündner Tourismus hat ergeben, dass die Befragten die Wichtigkeit von Lohn und Arbeitszeiten überraschend niedrig bewerten.

Hingegen haben sie hohe Erwartungen an ihren Arbeitsplatz: Teamklima, Wertschätzung durch Vorgesetzte und ein gutes Arbeitsumfeld zählen zu den wichtigsten Faktoren.

Ebenso zeigt sich der Wunsch nach individuellen Arbeitsmodellen, Mitgestaltung und Entwicklungsmöglichkeiten.

Technik im Dienst der Entlastung

Technologische Entwicklungen und insbesondere Künstliche Intelligenz bieten vielerorts Entlastung durch effizientere Prozesse. Automatisierung kann Aufgaben übernehmen, die wenig sozialen Kontakt verlangen.

Doch in Bereichen, in denen Serviceorientierung und zwischenmenschliche Kompetenz zentral sind, bleibt der Mensch unersetzlich. Im „Future of Jobs Report 2025“ des World Economic Forum wird festgehalten, dass KI bis 2030 mehr Jobs schaffen wird, als sie vernichtet.

Dabei werden „Service Orientation“ und „Customer Service“ als wichtige Kernkompetenzen von Arbeitskräften an Bedeutung gewinnen. Aufgaben, welche den persönlichen Austausch mit den Gästen verlangen, werden somit eher zunehmen.

Rahmenbedingungen im Blick

Angesichts der beschriebenen Situation ist es essenziell, dass jeder Betrieb eigene Wege findet, angemessen zu reagieren. Flexibilität, die bislang vor allem in Stellenanzeigen gefordert wurde, ist längst nicht mehr allein Aufgabe der Arbeitnehmenden.

Flexible Arbeitsmodelle und Zusatzleistungen sind gerade für kleinere Betriebe schwierig umzusetzen. Doch Investitionen in gute Führung, Teamkultur und in die Anerkennung der Mitarbeitenden sind unverzichtbar.

Mitarbeitende einzubinden, ihnen Verantwortung und Mitgestaltungsmöglichkeiten zu bieten, wird geschätzt und wirkt motivierend. Für die Tourismusbranche gilt: Es reicht nicht, Mitarbeitende nur zu gewinnen. Man muss sie auch halten.

Wer heute in Führungsqualität, in Arbeitsmodelle (die Lebensrealitäten berücksichtigen) und wo möglich in Wohnangebote investiert, legt den Grundstein für hohe Servicequalität – und damit für den langfristigen Wert seines Betriebs und seiner Destination.

Zur Webseite

Kontakt

Domenico Bergamin
Tourismusberater
mail@domenicobergamin.ch
Tel: +41 76 388 35 20

Zur Webseite