100 Lernende bei Sisag: Wie Bergbahnen seit Jahren profitieren

Das Unternehmen SISAG gibt es nun seit 40 Jahren. Genauso wichtig ist jedoch eine andere Zahl: Heuer hat der hundertste Lernende seine Ausbildung abgeschlossen. Wie Bergbahnen seit Jahren von der Ausbildung bei SISAG profitieren, zeigt Marco Zgraggen – erster Lehrling und nun CEO.

SI Magazin: Herr Zgraggen, welchen Stellenwert hat die Ausbildung in der SISAG – und warum?

Marco Zgraggen: Wir haben in 40 Jahren Firmengeschichte 100 junge Menschen ausgebildet, anfangs einen alle zwei Jahre, mittlerweile im Schnitt sechs pro Jahr. Einerseits sehen wir uns als Leitbetrieb im Kanton Uri gesellschaftlich dazu verpflichtet, andererseits verfolgen wir damit klare strategische und wirtschaftliche Ziele.

Inwiefern?

37 Prozent – also über ein Drittel aller Lernenden – arbeiten mittlerweile wieder bei uns. Das sind motivierte Expertinnen und Experten, die mit Leidenschaft für die Seilbahnbranche tätig sind. Die Fluktuation ist niedrig: Bei uns werken sowohl erfahrene Mitarbeitende, die alte Seilbahnsteuerungen in- und auswendig kennen, als auch junge Talente, die für Künstliche Intelligenz und digitale Welten brennen.

Von beiden Gruppen profitieren unsere Bergbahnkunden enorm.

Marco Zgraggen

Geschäftsführer SISAG

„Mit einem unguten Gefühl verfolge ich die fortschreitende Akademisierung bereits in der Grundausbildung. Wir müssen aufpassen, dass das Handwerk und die Orientierung an der Praxis das Hauptziel der Lehre bleibt.“

Welche Berufe bildet die SISAG aus?

Die Berufsbilder haben sich zusammen mit dem Unternehmen entwickelt. Ich selbst war 1987 der erste Lernende und strebte den anno dazumal noch relativ neuen „Elektroniker“ an. Doch bereits damals wurde die Informatik immer wichtiger, obgleich ich noch viel mit Schaltkreisen arbeitete. Noch drastischer war der Wandel beim „Schaltanlagenmonteur“.

Früher konzentrierte sich das Berufsbild auf den Bau von Schaltschränken, heute umfasst es auch deren Planung, Prüfung und Montage in der Seilbahn. Die heutigen „Automatiker“ sind eigentlich Projektingenieure und müssen viele Skills beherrschen – von Organisation über Programmierung bis zu handwerklichem Geschick.

Warum baut SISAG die Schaltschränke überhaupt selbst?

Die SISAG wollte nie ein reines Ingenieurbüro sein, sondern immer auch selbst Anlagen produzieren. Nur so sichern wir eine hohe Qualität und Wertschöpfung.

Zudem können wir schneller auf Veränderungen reagieren – sei es in einzelnen Projekten oder bei längeren Entwicklungen. Aus terminlichen Gründen müssen wir oft mit der Produktion beginnen, obwohl noch nicht alle Funktionen im Detail klar sind, oder noch Änderungen im Verlaufe des Projektes erfolgen.

Durch das Know-How im Schaltanlagenbau können wir schneller auf Veränderungen reagieren. Nur so können wir die engen Zeitpläne einhalten, die bei Seilbahnen Usus sind. Zudem sind unsere Kundendienstleute in der Lage, selber Anpassungen an den Anlagen vorzunehmen, sodass wir wirklich alles aus einer Hand liefern können.

Mittlerweile ist der „Automatiker“ mit bis zu drei Absolventinnen und Absolventen pro Jahr für uns das wichtigste Berufsbild. „Elektroniker“ hingegen werden heute nicht mehr ganz so viele ausgebildet wie früher – auch weil der Anteil der Eigenelektronik in den Produkten sinkt, da wir vermehrt auf Software setzen.

Apropos Software: Wie hat sich das Berufsbild des Informatikers gewandelt?

Mit der Umsiedlung der SISAG an den neuen Standort in Schattdorf starteten wir 1997 auch die Lehre zum Informatiker – und das diversifiziert. Ein Bereich sind die Seilbahnsteuerungen, ein weiterer die sonstigen Branchen, etwa die Tunnelautomation im Straßenverkehr. Dritte Säule sind digitale Produkte, wie Software, Apps oder Infotainment.

Der „Informatiker“ begann als Generalist, der vom Netzwerk über das Programmieren bis hin zum Support alles erledigte. Mittlerweile hat er sich aufgespalten in einen „Applikationsentwickler“, der sich mit Software befasst, und einen „Plattformentwickler“, der sowohl für die interne Betriebsinformatik, als auch für externe Seilbahn-Netzwerke verantwortlich ist.

Inwieweit bietet SISAG auch nichttechnische Lehrberufe an?

Mit dem Firmenwachstum von zehn auf 50, 100 und mittlerweile 220 Mitarbeitende stieg auch der Bedarf an kaufmännischen und administrativen Kräften, die wir seit 1995 ausbilden. Zudem hat 2024 unsere erste Köchin ihre Lehre im Restaurant «54.» Hochgenuss am SisCampus erfolgreich abgeschlossen.

Wie leicht können Sie Ihre Lehrstellen besetzen? Was bieten Sie?

Bei den Lehrstellen steht zwar keiner Schlange, aber wir können meist aus mehreren Bewerbenden auswählen und jeden Ausbildungsplatz besetzen. Trotz des stetigen Wandels der Berufsbilder und der wachsenden Konkurrenz durch den akademischen Weg finden noch genügend junge Menschen den Weg zu uns, wir zählen zu den größeren Lehrbetrieben im Kanton Uri.

Großen Anteil daran haben unsere motivierten und fachkundigen Ausbilder, von denen die meisten selbst schon SISAG-Lernende waren. Zudem sehen die Lernenden den realen Wert ihrer Arbeit, sie sind voll in den Betrieb integriert – und wandern durch die Abteilungen und teils auch hinaus zu unseren Kunden.

Wie halten Sie Lernende nach der Ausbildung an der Stange?

Viele Lernende ziehen nach der Lehre weiter – etwa zum Militär oder zur Fachhochschule. Entscheidend ist, den Kontakt nicht abbrechen zu lassen, um später vielleicht wieder gemeinsame Wege zu gehen. Die Pflege des Netzwerks ist für mich Chefsache: Alle ein bis zwei Jahre organisieren wir ein „Klassentreffen“ aller ehemaligen Lernenden, an denen mehr als die Hälfte teilnimmt.

Das ist ein wichtiger Pool zur Wiedergewinnung von Arbeitskräften. Nach der Lehre besteht oft auch die Möglichkeit einer Anschlussbeschäftigung, nicht selten in Kombination mit einem Ausbildungsvertrag für eine Weiterbildung oder ein Teilzeitstudium.

Welche Berufsbilder wird die SISAG in Zukunft anbieten?

Im Bereich Kommunikation und Medien ist eine Lehre denkbar. Zudem möchten wir künftig – gemeinsam mit unserem Schwesterunternehmen REMEC – „Seilbahnmechatroniker“ ausbilden.

Bergbahnen haben Mühe, ihre Anlagen mit eigenem Personal zu unterhalten, die Fluktuation in Skigebieten ist hoch. Mit selbst ausgebildeten Seilbahnmechatronikern könnten wir diesen Bedarf stillen und unsere Technischen Leiter unterstützen, die von Anlage zu Anlage tingeln.