Wyssen: VOM „ZWANG“ ZUR NEUEN STRATEGIE

2014 musste die Firma WYSSEN eine neue Steuerung für ihre Sprengmasten entwickeln. Aus diesem „Zwang“ entwickelte sich eine umfassende Plattform für Sicherheitsverantwortliche in Skigebieten – und das Unternehmen selbst wurde vom Maschinenbauer zum IT-Spezialisten.

Mehr als 337 Kunden mit rund 1.500 Einzelbenutzern vertrauen bereits auf das Wyssen Avalanche Control Center WAC.3® von WYSSEN. Mittlerweile umfasst die Software sechs Module – Tendenz steigend – und ist ein wichtiges Tool für die tägliche Arbeit von Lawinenkomissionären, Sprengmeistern oder Pistenrettern.

Dabei war diese Entwicklung überhaupt nicht abzusehen, wie Christian Wyssen, Geschäftsführer des gleichnamigen Schweizer Unternehmens, berichtet:

„2014 zwang uns eine EU-Verordnung dazu, über eine neue Steuerung für unsere Sprengmasten nachzudenken. Wir hatten damals den Mut, auf eine selbst programmierte, webbasierte Lösung zu setzen anstatt auf Industrie-Funk-Lösungen fremder Anbieter.“

Eine Entscheidung, die sich elf Jahre später ausgezahlt hat – mit über 300 Kunden, sechs Modulen und weiteren Tools in der Pipeline.

Christian Wyssen

Geschäftsführer WYSSEN

Mehr Informatiker als Maschinenbauer

Damit einher ging auch ein Wandel des Unternehmens selbst. Mittlerweile werden fünf Softwareentwickler beschäftigt – und es sollen noch mehr werden. Die Abteilung hat bereits jetzt die Konstruktion und die Elektrotechnik personell überholt.

Benjamin Meier, Head of Electronics bei WYSSEN, führt das Wachstum seiner Sparte darauf zurück, dass die Lösungen eng an den Bedürfnissen der Sicherheitsverantwortlichen in Skigebieten und Kommunen entwickelt werden:

„Rund die Hälfte unserer Kunden nutzt ausschließlich digitale Produkte. Das beweist, dass sich WAC.3® von einer Steuerung von Sprengmasten zu einer umfassenden Plattform gewandelt hat.“

Die Software ist dabei so aufgebaut, dass sie individuell konfigurierbar ist – ein kurioses Beispiel ist die Anwendung durch eine skandinavische Fischzucht.

Benjamin Meier

Head of Electronics WYSSEN

Entwicklung der Tools

Doch zurück ins Skigebiet: Wie wichtig der Input der Kunden ist, zeigt sich in der Entwicklung von WAC.3® wie Wyssen betont:

„Die programmierten Tools entsprechen dem Bedarf der Branche. So haben wir das Modul der Lagebeurteilung für die Destination Goms entwickelt oder das Heli-Spreng-Tool für Ischgl. Aktuell tüfteln wir an einer digitalen Lösung für Heli-Skiing in Kanada und für Schneeprofile in den USA!“

Das Cockpit für Rechtssicherheit

Das Herz der Software ist jedoch das WAC.3® Cockpit: Die Datensammelplattform stellt Informationen einfach, individuell und übersichtlich dar. Notizen und Entscheidungen werden sauber dokumentiert und sowohl interne als auch externe Kommunikation für Lawinendienste vereinfacht.

„Vor allem freischaffende und ehrenamtliche Nutzer schätzen diese rechtliche Sicherheit“, so Meier.

Das WAC.3®-Cockpit mit dem Sprengmodul.

Die Lawinenlage managen

Das Modul Lagebeurteilung wiederum erlaubt die Risikoanalyse und Maßnahmenplanung über eine prozessgeführte Gefahreneinschätzung der Lawinensituation.

Voraussetzung ist ein aktuelles und fundiertes Sicherheitskonzept, welches vom Kunden gemeinsam mit einem Ingenieurbüro mit entsprechender Erfahrung erarbeitet wird.

Die Sprengmittel im Blick

Das Modul Sprengstoff dient dagegen der genauen Sprengmittelbuchführung. Es ermöglicht eine intuitive Buchung von einfachen Lagerein- und Ausgängen. Lager- und Produktinformationen können so hinterlegt und alle Aktivitätenprotokolle dokumentiert werden.

„Mit diesem Tool begegnen wir dem Pain unserer Kunden, ihren gesetzlichen Pflichten gerecht werden“, betont Wyssen.

WAC.3® auch im Heli an Bord

Daher dokumentiert auch das Modul Helisprengen die Lawinensprengungen – nur eben vom Helikopter aus. Ort, Zeit und Erfolg von Sprengeinsätzen können schnell und einfach mobil erfasst werden.

Im Nachhinein können Zusatzinformationen zur Sprengaktion und den Koordinaten ergänzt werden.

Das Modul für die Pistenkontrolle.

Swipen für freie Pisten

Lawinensprenger sind oft auch Pistenretter. Daher hat WYSSEN das Modul Pistenkontrolle entwickelt. Dieses reduziert den administrativen Aufwand für Pistenkontrollen und Pistenzustände auf wenige Swipes auf dem Mobiltelefon. Unregelmäßigkeiten können pro Piste mit Foto und Text dokumentiert werden.

„Pistenkontrollen werden bei Bedarf zentral im Cockpitjournal nebst allen anderen relevanten Informationen dargestellt und bieten somit eine einfache Nachvollziehbarkeit“, versichert Meier.

Unfälle direkt auf der Pisten erfassen

Die Unfallerfassung erfolgt mit dem gleichnamigen Modul Unfälle in zwei Schritten: am Unfallort werden mit dem Mobiltelefon nur die wichtigsten Informationen wie GPS-Standort (automatisch), Fotos und bei Bedarf weitere Informationen aufgenommen, damit mehr Zeit bleibt für die Patientenversorgung.

Das Modul für die Unfallerfassung.

Zurück im Büro kann das Unfallformular fertig ausgefüllt werden, außerdem bieten verschiedene Exporte die Weiterleitung der Unfalldaten zwecks Rechnungsstellung etc. Bei Bedarf kann das Unfalleingabeformular kundenspezifisch angepasst werden.

„In Kombination mit dem Modul Pistenkontrolle erscheinen alle Pisten auch direkt auf der Übersichtskarte vom Modul Unfälle sowie als Liste im Unfallformular“, freut sich Wyssen. Unfallauswertungen können einfach via Übersichtskarte oder CSV-Export erfolgen. Der Schutz der sensitiven Patientendaten ist gewährleistet.

Informationen direkt an den Gast

Nicht zuletzt verweisen Christian Wyssen und Benjamin Meier auf das Modul Kommunikation. Dieses ermöglicht die Kommunikation mit der Öffentlichkeit, zum Beispiel im Falle von Sperr- und Lawinensprengmassnahmen.

Unterstützt werden verschiedene Kanäle wie Textnachricht, E-Mail und Telefonanruf mit automatisch gesprochener Nachricht. Lesebestätigungen können für jeden Kanal empfangen und angezeigt werden.

Beliebige Nachrichtenvorlagen und Empfängerlisten sind über eine intuitive Verwaltung hinterlegt.