
Beschneiung & Pistenpflege
Bayern: Verstößt neues Branchengesetz gegen EU-Recht?
Das sogenannte Modernisierungsgesetz nimmt eine neue Wendung: Die von Bayern beschlossenen Betriebserleichterungen für Skigebiete verstoßen „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ gegen EU-Recht. Zu diesem Schluss kam laut Berichten deutscher Medien der Staatsrechtler Kurt Faßbender von der Universität Leipzig – die Kritik am Gesetz ist in dem zehnseitigen Gutachten dargelegt.
Konkret bezweifelt das Gutachten die durch das Gesetz gelockerten Vorgaben für besagte Umweltverträglichkeitsprüfungen bei Schneekanonen, Skipisten und Seilbahnen in den Alpen.
Bei allen drei Sachverhalten sei, anders als im Gesetzgebungsverfahren behauptet, „tatsächlich mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt und auch auf das Klima zu rechnen“, heißt es im Gutachten. Dabei sei es nicht relevant, wie groß ein Skigebiet sei, wo der Kunstschnee zum Einsatz komme oder wie lang eine Seilbahn sei.
Im Gutachten wird zudem darauf hingewiesen, dass die neuen Regelungen, die die Begrenzungen der Umweltverträglichkeitsprüfungen betreffen, auch gegen die von Deutschland unterzeichnete Alpenkonvention verstoßen können.
Was das Gesetz vorsieht
Das am 23. Juli von CSU und Freien Wählern im Landtag verabschiedete Gesetz sieht unter anderem eine deutliche Anhebung der Schwellenwerte für die Umweltverträglichkeitsprüfungen vor.
So wird diese bei Beschneiungsanlagen erst ab einer Fläche von mehr als 20 Hektar (zuvor 15 Hektar) und in Schutzgebieten ab 10 Hektar (zuvor 7,5 Hektar) vorgeschrieben. Bei Skipisten wurde die Grenze von 10 auf 20 Hektar und in Schutzgebieten von 5 auf 10 Hektar erhöht.
Für Seilbahnen und Skilifte müssen erst eine bestimmte Beförderungskapazität und eine bestimmte Luftlinienlänge zwischen Tal- und Bergstation erreicht werden, um eine UVP-Pflicht auszulösen.
Zudem ist die Luftlinienlänge pauschal auf 3.000 Meter verlängert worden (zuvor 1.000 Meter für Schlepplifte, 2.500 Meter für übrige Seilbahnen).
Das Gesetz sorgt von Anfang an für Streit:
Kritiker warnten vor Folgen für die Umwelt.
Bisherige Kritik
Das neue Gesetz hat schon während der Begutachtung viel Kritik hervorgerufen. Grüne und SPD kritisierten die Initiative bereits in der ersten Lesung.
Der bayerische Grünen-Abgeordnete Johannes Becher bezeichnete das Gesetz als „einen Angriff auf die Umwelt und insbesondere auf die natürliche Vielfalt sowie die einzigartige Schönheit der bayerischen Berge“. Er ist der Ansicht, dass dadurch Skipisten ermöglicht werden, als ob der Klimawandel einfach nicht existieren würde.
„Der Umweltschutz wird zurückgefahren, damit ein paar Leute auf den letzten Metern noch Reibach machen können“, kritisierte die SPD-Abgeordnete Anna Rasehorn.
Wie geht es weiter?
„Ich habe mich deswegen auch an Bundesumweltminister Carsten Schneider (SPD) gewendet und um Hilfe gegen das europarechtswidrige Handeln von Markus Söder gebeten“, zitiert die Süddeutsche Zeitung Florian von Brunn, der das Gutachten in Auftrag gegeben hat.
Das Gutachten schlägt noch andere Optionen vor:
„Zum einen hat jede und jeder die Möglichkeit, die EU-Kommission im Wege einer Beschwerde auf den in Rede stehenden Verstoß gegen die UVP-Richtlinie aufmerksam zu machen.“
Die EU-Kommission könne dann ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland einleiten. Auch der Klageweg vor einem Verwaltungsgericht sei denkbar. In der Folge könnte dann der Europäische Gerichtshof „einen etwaigen Verstoß gegen die UVP-Richtlinie verbindlich feststellen“.