
SI Urban 1/2025, Stadt
Bogotá: Seilbahn, die das Leben verändert
In Bogotá werden täglich rund 12,1 Millionen Fahrten unternommen. Vor der Einführung der Seilbahn waren die Bewohner des steilen Hangviertels Ciudad Bolívar – wie die meisten Menschen in Bogotá – auf Busse und informellen Verkehr angewiesen. Da es nur eine Straße zum Schnellbussystem der Stadt gab, kam
es ständig zu Staus, die die Fahrt ins Tal auf bis zu eine Stunde verlängerten.
Die Seilbahn stellt eine schnelle, zuverlässige und umweltfreundliche Lösung dar: Sie verkürzte die Fahrt auf nur 16 Minuten, ohne zusätzliche Emissionen zu verursachen oder das Straßennetz zu belasten.
Transformationsprojekt
Die Seilbahn TransMiCable, die am 27. Dezember 2018 in Betrieb genommen wurde, verbindet den steilen und einkommensschwachen Außenbezirk Ciudad Bolívar mit dem Schnellbussystem von Bogotá.
Dieses Projekt war Teil einer städtischen Transformationsinitiative, die neben der Seilbahn auch die Errichtung von Spielplätzen, einer Bibliothek, eines Tourismusbüros, eines Stadtgeschichtsmuseums, eines Bürgeramtes, dreier lokaler Märkte, dreier Gemeinschaftszentren und die Renovierung öffentlicher Parks umfasste.
Im ersten Betriebsjahr nutzten rund 7,5 Millionen Menschen TransMiCable. Im Jahr 2024 transportierte das System täglich durchschnittlich 25.000 Personen.
Technische Daten
Seilbahn TransMiCable
Länge: | 3,43 km |
Stationen: | 4 |
Höhenunterschied: | 265 m |
Fahrgeschwindigkeit: | 5,5 m/s |
Fahrzeit: | 16 min |
Anzahl Kabinen: | 163 |
Kapazität der Kabinen: | 10 P |
Förderleistung: | 3.600 P/h |
Studie: Einfluss auf das Leben
Forscher der Universidad de los Andes in Bogotá haben eine Studie rund um TransMiCable durchgeführt. Sie untersuchten die Auswirkungen der Seilbahn auf verschiedene Aspekte der Lebensqualität, darunter weninger Luftverschmutzung, Reisezeit, Erreichbarkeit, Freizeit und körperliche Aktivität.
Die Untersuchung wurde in zwei Phasen durchgeführt: vom 1. Februar bis 18. Dezember 2018 (vor der Einführung) und vom 2. Juli 2019 bis 15. März 2020 (nach der Einführung). Der Schwerpunkt lag auf dem Stadtviertel Ciudad Bolívar, zu dem die Seilbahn führt.
Freizeit statt Stau
Der größte Wunsch der Anwohner war die Zeitersparnis – und laut der Studie wurde diese Erwartung erfüllt. Die Reisezeit verringerte sich im Durchschnitt um 20 Minuten (etwa 16%), was zu mehr Freizeit führte. Viele Bewohner verbringen jetzt ihre Freizeit zu Hause. Regelmäßige Nutzer der Seilbahn berichteten jedoch, dass sie die gewonnene Zeit für zusätzliche Fahrten sowie für mehr Arbeits- und Lernstunden verwenden.
Forscher analysierten den Einfluss der Seilbahn auf die Lebensqualität:
Dabei wurde festgestellt, dass die Luftqualität in den Kabinen besser war als auf der Straße.
Körperliche Aktivität
Die Forscher stellten fest: das Aktivitätsniveau der Einwohner blieb auch nach der Einführung der Seilbahn hoch. Mehr als die Hälfte der Erwachsenen (51,6%) erfüllte die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation zur körperlichen Aktivität allein durch den Fußweg zu den Verkehrsmitteln.
In einkommensschwachen Gebieten, wie den untersuchten Vierteln, sind jedoch Faktoren wie Armut, informelle Arbeit, Kriminalität und die hohen Kosten des Autobesitzes ausschlaggebend dafür, dass Bewegung oft eine Notwendigkeit ist, keine Wahl.
Die Studie zeigte zudem eine erhöhte Aktivität in einem renovierten Park, allerdings hauptsächlich bei Jungen und Männern. Dies könnte an der Infrastruktur des Parks liegen, wie zum Beispiel an Fußballplätzen, die für Mädchen und Frauen möglicherweise weniger attraktiv sind.
Sozialkapital als Ergebnis
Ein weiterer Effekt ist, dass Ciudad Bolívar nicht mehr als isoliert oder stigmatisiert wahrgenommen wird. Bewohner berichteten, dass das TransMiCable-Projekt den Stolz auf den Bezirk stärkte, mehr Besucher anzog und das Image des Stadtteils verbesserte. Dadurch entwickelten sich neue Gemeinschaftsnetzwerke.
Zudem empfanden viele Bewohner die Sicherheit in den Kabinen als hoch. Dennoch bleiben Herausforderungen außerhalb der Seilbahnstationen bestehen, dort muss die Sicherheit noch verbessert werden.
Größter Wunsch der Anwohner war Zeitersparnis:
Dank der Seilbahn sank die Reisezeit im Schnitt um 20 Minuten (ca. 16 %).
Ökologischer Effekt
Die Studie untersuchte die persönliche Exposition gegenüber Feinstaub (PM2.5), äquivalentem schwarzem Kohlenstoff (eBC) und Kohlenmonoxid (CO) in verschiedenen Verkehrsmitteln und berechnete die inhalierte Schadstoffmenge pro Fahrt.
Die Ergebnisse zeigten, dass die Verschmutzung in TransMiCable deutlich niedriger war als in Bussen, die zum Zeitpunkt der Studie mit Diesel betrieben wurden. Die PM2.5- und eBC-Konzentrationen in den Seilbahnkabinen waren durchschnittlich 62% bzw. 82% niedriger als in Bussen.
Diese Reduktion war sowohl auf die sauberere Umgebung in den Kabinen als auch auf die kürzere Fahrzeit zurückzuführen. Bemerkenswert war, dass die Luftqualität in den Seilbahnkabinen sogar besser war als für Fußgänger – ein ungewöhnliches Ergebnis, da normalerweise höhere Konzentrationen in Verkehrsmitteln gemessen werden.
Veränderung der Gemeinschaft
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass TransMiCable das Leben der Bewohner eines ehemals isolierten Gebiets erheblich verbessert hat. Die Zufriedenheit mit dem Verkehr und dem Viertel stieg, und die Bewohner äußerten eine stärkere Bereitschaft, dort zu bleiben. Ermutigt durch diesen Erfolg, plant Bogotá, das Projekt um sieben weitere Seilbahnlinien zu erweitern.