AEP: Schrägaufzug für Burgenwelt

Vier Festungen zählt die Burgenwelt Ehrenberg bei Reutte. Damit die Gäste bequem zur höchsten Ruine kommen, wird derzeit ein zweiter Schrägaufzug gebaut. Die beratenden Ingenieure von AEP haben Ausschreibung & Baubetreuung des Projekts übernommen – Herausforderungen inklusive.

Ein historisches Ensemble gepaart mit modernster Technik – so stellt sich die Burgenwelt Ehrenberg vor.

Die Festungskette bei Reutte (Tirol) besteht aus dem Fort Claudia östlich der Bundesstraße B179, der Ehrenberger Klause im Tal, der Ruine Ehrenberg und der Festung Schlosskopf.

Jedes Jahr zieht die Burgenwelt Ehrenberg rund 200.000 Besucher in ihren Bann. Dafür sorgen unter anderem eine über 400 Meter lange Hängebrücke, ein Erlebnismuseum und ein Veranstaltungssaal.

Schrägaufzug soll Lücke schließen

Während die Ruine Ehrenberg seit 2018 durch einen Schrägaufzug erschlossen ist, lag die oberhalb gelegene Festung Schlosskopf bisher im Dornröschenschlaf.

Nur sportliche Bergsteiger und Radfahrer fanden den Weg nach oben, wobei die Ruine eigentlich für die Öffentlichkeit gesperrt war. Die Reuttener ETI GmbH hat 2020 beschlossen, einen zweiten Schrägaufzug zu bauen, um die Lücke zu füllen.

„Nur wenn eine Anlage genutzt wird, bleibt sie auch erhalten. Mit dem Schrägaufzug haben wir endlich die Chance, den Schlosskopf zu entwickeln. Familien, Senioren und beeinträchtigte Menschen können somit erstmals das Panorama und die Ruine am Berg genießen“, sagt Peter Nessler von der ETI GmbH.

Da der Schrägaufzug bereits seit 20 Jahren im Masterplan des Burgenvereins steht, ist der Rückhalt aus der Bevölkerung, aus Institutionen und aus der Politik sehr groß: So fördert etwa das Land Tirol den Schrägaufzug finanziell.

Peter Nessler

von der ETI GmbH (links) und Bauleiter Andrea Ferrai am Schlosskopf.

Das Projekt

Die Talstation des neuen Schrägaufzugs befindet sich direkt neben der Bergstation des bestehenden „Ehrenberg Liner“. Die einspurige Trasse auf den Schlosskopf soll mit bis zu 40 Grad Steigung durch sehr steiles Gelände führen.

Das Fahrzeug wird 189 Meter Höhenunterschied überwinden und 50 Personen transportieren können. Die Bergstation an der Ruine Schlosskopf soll neben der Technik, Gerätegaragen, Toiletten und einen Warteraum umfassen, der zu einer Gastronomie ausgebaut werden kann.

AEP stieg beratend ein

Dass solch ein Schrägaufzug leichter gedacht als realisiert ist, hat die ETI GmbH 2021 im Laufe des Vergabeprozesses bemerkt. Daraufhin hat sie das Ingenieurbüro AEP Planung & Beratung GmbH konsultiert.

„Wir haben sofort damit begonnen, die Ausschreibungen zu überarbeiten, die Vergabe technisch einwandfrei abzuwickeln und die Bietergespräche abzunehmen,“ berichtet Andrea Ferrai, Teamleiter Alpine Infrastruktur bei AEP.

Die Tiroler Ingenieure übernahmen im Frühjahr diesen Jahres auch die Ober- bauleitung. „Wir sind also von der Koordination, über die Kontrolle bis hin zur Abrechnung für das gesamte Projekt verantwortlich“, so Mazlum Ünlü, Projektleiter bei AEP.

Als Lieferant des Schrägaufzuges hat sich der österreichische Seilbahnhersteller STEURER durchgesetzt, den Hoch- und Tiefbau übernehmen die Firmen HTB und FRANZ THURNER.

Die anspruchsvollen Erdarbeiten vollbringt die Anton Specht Autounternehmung und Reisebüro GmbH. Die Ausbaugewerke wurden an heimische Unternehmen vor Ort vergeben.

Kabine des Schrägaufzugs

So wird die Kabine des Schrägaufzugs aussehen – und 50 Personen transportieren können.

Gebaut wird vom Berg herab

„Die größte Herausforderung ist das Gelände“, konstatiert Ferrai. So muss an der Talstation mit Schreitbaggern über fünf Meter tief gegraben werden, um einen tragfähigen Boden zu finden.

Die Fundamente werden daher auf Pfählen verankert. Zudem zwingt die steile und enge Trasse dazu, das Projekt vom Berg herab abzuwickeln.

„Wir sind in der einmaligen Situation, dass die Talstation schwerer zugänglich ist als die Bergstation“, sagt der Ingenieur: Material und Aushub müssen mit einer Materialseilbahn der Firma KOGLER transportiert werden, da nur der Schlosskopf mit einer Straße erschlossen ist.

Auch die Bahn selbst (etwa die Schienen) lassen sich nur von der Bergstation herab montieren. Permanente geologische Betreuung und Steinschlagnetze sind notwendig.

Generell sind die beengten Platzverhältnisse eine Herausforderung, so müssen an der Bergstation bereits zahlreiche Rampen und Wege aufwendig errichtet werden. „Die Koordination der Gewerke auf so engem Raum erfordern viel Kommunikation und Flexibilität“, so Projektleiter Ünlü.

Die engen Platzverhältnisse

 an der Bergstation erfordern eine Koordination der Gewerke.

Denkmalschutz und enges Zeitfenster

Die Rampen werden zum Schluss großteils mit bewehrter und begrünter Erde wieder zugeschüttet, das verlangt der Denkmalschutz.

Aus Rücksicht auf das historische Ensemble und der Natur gibt es zudem weitere Auflagen, wie Stationsfassaden aus Naturstein, eine begrünte Trasse oder gefärbter Sichtbeton.

Im Frühherbst wird die Montage der Seil- bahntechnik beginnen, Ende 2022 soll der Schrägaufzug bereits fahren. „Ich bin zuversichtlich, dass wir den engen Zeitplan einhalten, wir sind mit den beratenden Ingenieuren von AEP und den Baufirmen sehr zufrieden“, betont Nessler.

Technische Daten:

Schrägaufzug Schlosskopf

Förderleistung

410 P/h/Richtung

Fahrgeschwindigkeit

2,5 m/s

Spurweite Strecke

1.600 mm

Höhe Talstation

1.055 m

Höhe Bergstation

1.245 m

Höhenunterschied

189 m

Horizontale Bahnlänge

283 m

Schräge Bahnlänge

342 m

Min./Max. Steigung

31,4° / 38,7°

Fahrzeit

3,66 min

Antrieb

Treibscheibe Berg

Zugseile

4 (DM 18 mm)

Fahrbetriebsmittel 1
Nutzlast

50 P/3.750 kg

Motorleistung

100 kW (Betrieb) 120 KW (Anfahren)

Betrieb ohne Personal

Als bedienerloses System soll die Anlage das ganze Jahr über fahren – wie ein klassischer Hausaufzug. Lediglich eine tägliche Kontrollfahrt ist vorgeschrieben. Betrieben wird der Schrägaufzug von der ETI GmbH.

Der Gast merkt aber nicht, dass die Museen, Attraktionen und die beiden Schrägaufzüge unterschiedliche Eigentümer haben. Er kann Kombi- und Einzeltickets im Talshop oder an Kassenautomaten erwerben und seine Burgentour individuell zusammenstellen.