E-BIKES: WIE SIE DEN BERG VERÄNDERN

Der E-Bike Trend bleibt ungebrochen und erzeugt gleichzeitig Gegenbewegungen. Die Technologie krempelt den alpinen Tourismus um, insbesondere durch elektrische Mountainbikes.

E-Bikes sind kein Hype, sondern eine langfristige Entwicklung. Davon ist Claus Fleischer, CEO von Bosch eBike Systems, überzeugt. Der Fahrrad-Experte gab am Branchentreff „Best Summer Resorts“ Einblicke in die Marktentwicklung der neuen Technologie. „Das E-Bike wird ganz klar von den Megatrends unserer Zeit getragen. Schlagwörter, wie Umweltschutz, Ressourcenschonung, C02-Bilanz, Demographie, Urbanisierung, Bewegung oder Gesundheit, sind seit Jahren bekannt.

Jetzt werden sie real“, sagt Fleischer. Die Technologie, das Design und der bioelektrische Hybrid des E-Bikes passen perfekt in diesen gesellschaftlichen Wandel.
„Die Menschen fahren gerne Rad, das EBike nimmt ihnen die Ausreden weg“, bringt es der Experte auf den Punkt. Das Label „Nachhaltigkeit“ spielt dabei eine
entscheidende Rolle, das gesellschaftliche Bewusstsein für Umwelt, Natur und Gesundheit steigt. „Die Menschen wollen Bewegung, aktives Leben, Natur und Erlebnisse“, betont der CEO von Bosch eBike Systems.

E-Bikes sind in der Mitte der Gesellschaft angekommen und dienen als Ergänzung zum Fahrrad. An eine Kannibalisierung des klassischen Fahrrads durch E-Bikes glaubt der Experte aber nicht: „Das Fahrrad wird als Pedelec länger und öfter gefahren“. Jedenfalls ist das E-Bike in allen Lebensbereichen und Gesellschaftsschichten angekommen – egal ob bei alt oder jung, im urbanen oder ländlichen Umfeld, im Alltag oder im Sport. „Die Verkaufszahlen und Nutzerzahlen werden weiter steigen. Darauf müssen wir uns einstellen“, fordert Fleischer.

E-Bike boomt

Seine Aussagen belegt der Experte mit eindrucksvollen Zahlen. Während der weltweite Fahrradmarkt stagniert, wächst das E-Bike-Segment seit 2008 jährlich im
Schnitt um elf Prozent. In Deutschland wurden 2018 980.000 E-Bikes verkauft, 23 Prozent davon gingen in den Verleih. Die Wachstumsrate beträgt damit 36 Prozent. Auch in Österreich  (150.000 E-Bikes, 33 Prozent im Verleih)  und in der Schweiz  (111.000 E-Bikes, 32 Prozent im Verleih)  wächst der Markt mit Werten von plus 25 bzw. plus 32 Prozent stärker als erwartet.

Auch andere Indikatoren, wie das Volumen an Google-Suchen oder die Quoten auf dem Prognosemarkt deuten auf einen beständigen, steigenden Verkauf von E-Bikes hin.

E-Mountainbikes wachsen stark

Für Skigebiete bzw. Bergdestinationen besonders interessant: E-Mountainbikes  (eMTB)  sind in Deutschland mit einem Anteil von 25 Prozent  (Stand 2018)  das am schnellsten wachsenden Segment am E-Bike-Markt. „Blicken wir nur auf die Mountainbikes, werden fast die Hälfte bereits mit Elektromotor verkauft“, staunt Fleischer. So gingen 2018 271.000 klassische Mountainbikes  (MTB),  aber auch 245.000 eMTB über den Ladentisch.

„Die Fahrer von MTB und eMTB sind überwiegend Touren- und Trail-Fahrer, nicht nur Downhill- und Enduro-Sportler“, betont der CEO von Bosch eBike Systems.

Trends erzeugen Gegentrends

Das E-Bike hat sich gesellschaftlich von einer Peinlichkeit zu einem Lifestyleobjekt entwickelt, seine positive Wirkung auf Verkehr, Umwelt und Gesundheit wird immer häufiger anerkannt. Während die Akzeptanz und das Verständnis für E-Bikes steigen, häufen sich jedoch Unfälle und Störungen. In den Städten liegt dies an der unzureichenden Infrastruktur. „Die Zunahme des Fahrradverkehrs und die hohe Verkehrsdichte führen zu steigenden Unfallzahlen und Verkehrsverstößen.

Ältere und ungeübte Radfahrer zeigen Defizite bei Fahrtechnik und Fahrsicherheit“, sagt Fleischer. Ihm geht der Ausbau der Infrastruktur zu langsam voran, er fürchtet Engpässe. In der Natur tritt dagegen das Hotspot- Phänomen auf. Die Urbanisierung und das städtische Leben erzeugen eine Sehnsucht nach Naturerlebnissen. Wanderer, Mountainbiker und E-Bike-Nutzer teilen dieselben Bedürfnisse und werden von denselben Orten angezogen.

Die Hotspots zeichnen sich durch ihre Nähe zu Metropolen und Hauptrouten, der ruhigen Natur als Gegenpol zur hektischen Stadt, sowie durch lokale Kultur aus – etwa in Form von Gastronomie, Tradition und Spezialitäten. Der „multioptionale“ Gast sucht stets Abwechslung und niederschwellige Angebote. Die Folge ist eine Überlastung der Hotspots.

Wanderer, Mountain-Biker und E-Bike Nutzer begegnen sich, was zu Störungen und Konflikten führt. „Die mediale Aufmerksamkeit wird auf diese Probleme gelenkt, während die Politik lieber einfache Verbote verhängt, als gute Konzepte auszuarbeiten“, bedauert der Experte.

MTB kein Getto Sport

Pauschale Verbote machen eine Region aber nur unattraktiv, so Fleischer weiter: „Besser ist eine Lenkung durch attraktive Angebote, die Begegnungen zwischen den einzelnen Gruppen reduziert oder vermeidet!“ Das Motto „Open Trails & Share the Trails” sollte, wenn möglich, immer befolgt werden. „MTB-only Trails dürfen nur Zusatzangebote sein – und zwar nur dort, wo eine Entzerrung erforderlich ist. Mountainbiken darf kein Ghetto-Sport sein“, fordert Fleischer. Sperrungen von Trails sollten vermieden werden. Verbote dürfen daher nur sehr lokal, zeitlich begrenzt und sehr gut begründet verhängt werden.

Ausblick & Konzepte

Durch ihre Kraft und Reichweite lassen sich E-Mountainbikes zur Entzerrung nutzen. Der Experte ist überzeugt, dass in der Raumplanung Gesamtkonzepte für E-Bikes, eMTBs und eCargo Bikes autofreie, C02-reduzierte Tourismusregionen schaffen können. Nach dem Motto „eBike & Hike“ statt Shuttle und Taxi. „Bisherige Projekte haben sich auf klassische Mountainbikes konzentriert, nun müssen wir auch die Reichweite der E-Bikes berücksichtigen“, so Fleischer.

Dazu muss die Wertschöpfung und die Struktur für EMountainbikes gestärkt werden, etwa durch ein Mehrangebot an Service, Verleihern, Werkstätten, Fahrtechnik-Trainings und Touren-Guides. „Moderater Tourismus und die Gastronomie sollten abseits der Hotspots, in entlegenen Alpendörfern, gefördert werden“, fordert der CEO von Bosch eBike Systems.

Nicht zuletzt müssen Destinationen ihre Kommunikation auf Gesundheit und Umwelt fokussieren. Positives darf gestärkt, Negatives sollte nicht befeuert werden. Konkret können Verantwortliche Wege ausweisen und beschildern, sowie die Nutzergruppen aufklären  (Wege- Etikette).  Das Ziel ist schlicht Erlebnisqualität für alle, schließt Fleischer: „E-Mountainbikes sind nicht das Problem, sondern Teil der Lösung!“