Urteil: Skigebiet haftet für Erfrierungen

Der Oberste Gerichtshof Österreichs hat entschieden: Skigebiete haften in stillstehenden Sesselliften für Erfrierungen. Im konkreten Fall erhalten zwei Frauen Schadenersatz von einem Tiroler Seilbahnunternehmen - und das, obwohl diesem keine Schuld trifft.

Aufgrund von starken Sturmböen und Blitzeis wurde eine Tiroler Sesselbahn gezwungen, eine Stunde lang den Betrieb einzustellen. Zwei Fahrgäste behaupteten, Erfrierungen und posttraumatische Belastungsstörungen erlitten zu haben und reichten Klage ein, wie der Standard berichtete.

Die Mutter und Tochter befanden sich auf dem Sessellift, als der Sturm aufzog. Der Betriebsleiter entschied sich, den Lift leerzufahren, jedoch kam es aufgrund der starken Sturmböen zu Verzögerungen.

Während die Frauen sich bereits dem Ausstieg näherten, bildete sich am Lift Blitzeis, das mit Bunsenbrennern entfernt werden musste. Erst nach einer Stunde erreichten sie die Bergstation, wo sie in einem warmen Raum mit Tee versorgt wurden.

Prozess durch drei Instanzen

In der Folge forderten die Frauen Schadenersatz und die gerichtliche Feststellung der Haftung des Seilbahnbetreibers für mögliche Folgeschäden.

Sie stützten sich rechtlich nicht nur auf klassischen Schadenersatz, sondern auch auf das Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz (EKHG). Dieses besagt, dass Betreiber von Liftanlagen bei Unfällen haften, selbst wenn sie nicht schuldhaft gehandelt haben.

In der Schweiz ist die rechtliche Situation übrigens ähnlich, wie die Neue Zürcher Zeitung berichtet.

Unschuldig haften

so könnte man das Urteil des OGH Österreichs zusammenfassen.

Schuldlos schuldig

Trotzdem wiesen Tiroler Gerichte in erster und zweiter Instanz die Argumente der Klägerinnen zurück und gaben dem Seilbahnunternehmen recht. Das Unternehmen argumentierte vor Gericht, dass der Sturm kein Unfall gewesen sei und ein „unabwendbares Ereignis“ vorgelegen habe, das nichts mit dem Betrieb der Seilbahn zu tun habe.

Der Oberste Gerichtshof (OGH) entschied jedoch zugunsten der Skifahrerinnen und erklärte, dass eine verschuldensunabhängige Haftung nach dem EKHG bestehe. Der Vorfall wurde als „Unfall“ betrachtet, da ein plötzlich einwirkendes schädigendes Ereignis vorlag, verursacht durch den Temperaturabfall und die Blitzeisbildung.

Das Tiroler Seilbahnunternehmen ist also nicht schuldig, muss aber trotzdem Schadenersatz zahlen, und die genaue Höhe wird in einem weiteren Verfahren oder in einem Vergleich festgelegt. Der OGH betonte, dass selbst Umwelteinwirkungen auf den Lift die Haftung nicht ausschließen.