Moderne Seilprüfung – Aktuelle und künftige Methoden

Im Vergleich zu den Anfängen der Seilprüfung kann heute der Zustand eines Seils vielfältig und umfangreich bewertet werden. Das Institut für Fördertechnik und Logistik (IFT) der Universität Stuttgart hilft hier mit neuen Methoden und Produkten.

Das deutsche Institut wendet dabei seine jahrzehntelange Praxiserfahrung als anerkannte sachverständige Stelle an. Nachfolgend gibt das IFT einen Überblick über Seilschäden und über Prüfmethoden:

Seilschäden während des Seilbahnbetriebs

Typische Seilschäden während des Betriebes umfassen Drahtbrüche, Blitzschäden oder auch Schleifspuren. Diese können von Standard-Prüfverfahren – wie der magnetinduktiven Seilprüfung und der visuellen Inspektion – abgedeckt werden.

Daneben gibt es außergewöhnliche Schäden wie Seilverdrehungen, welche aufgrund falsch eingestellter Seilbahnkomponenten auftreten. Ursachen sind etwa Rollenbatterien oder Berührungen mit Baumaschinen.

Gerade bei den letztgenannten Fällen sollte eine sachverständige Stelle – wie das IFT – unverzüglich herangezogen werden, um die Beschädigung des Seiles und deren Auswirkung zu beurteilen.

Bei Schäden (wie der genannten Seilverdrehung) können vom IFT speziell entwickelte Prüfmethoden helfen, die Ursache festzustellen und Handlungsempfehlungen zu geben. Folgende Prüfmethoden kommen zum Einsatz:

Abbildung 1: Magnetinduktives Seilprüfgerät SMRT 1.5

Magnetinduktive Seilprüfung

Die magnetinduktive Seilprüfung ist nach wie vor die wichtigste Prüfmethode. Sie wird am IFT seit 90 Jahren angewendet und stetig weiterentwickelt. Wurden zu Beginn Elektromagnete verwendet, kommen inzwischen Permanentmagnete zum Einsatz, die einen einfachen Aufbau des Prüfgerätes erlauben.

Die erste Neuerung, die vom IFT Ende der 1920er entwickelt wurde, war die teilbare Messspule. Diese gehört heute zum Stand der Technik. Weitere Meilensteine – die in Stuttgart erforscht wurden und bis heute stetig weiterentwickelt werden – sind die IT-gestützte Auswertung seit Mitte der 1990er Jahre und die Entwicklung der hochauflösenden MI-Messung.

Aktuelle Innovationen sind im Bereich der Messsignalaufbereitung, der WLAN-Übertragung (siehe Abbildung 1) und der Sensortechnik erfolgt. Diese steigern die Qualität der Messauswertung und lokalisieren die Drahtbrüche im Seilquerschnitt genauer.

Die vom IFT entwickelten magnetinduktiven Seilprüfgeräte werden von dem Institut-Partner MESOMATIC unter dem Produktnamen SMRT vertrieben.

Abbildung 2: Drehsensor im Einsatz. Fotos: Institut für Fördertechnik.

Visuelle Seilkontrolle

Die visuelle Seilkontrolle gehört noch immer zu den wichtigsten regelmäßigen Kontrollen, die Seilbahnbetreiber und Prüfinstitutionen durchführen müssen.

Ein am IFT entwickeltes visuelles Seilprüfgerät ist in der Lage, die Seilbahnbetreiber und Angestellten zu entlasten. Dieses System wurde in den vergangenen Jahren optimiert, um eine kamerabasierte und softwarebasierte Aufnahme zu ermöglichen.

Dieses Seilprüfsystem wird von WINSPECT, Partner des IFT, vertrieben. Eine neue Gerätegeneration wird in Kürze auf den Markt kommen.

Vorteile dieses softwaregestützten Systems: Im Vergleich zu einer klassischen visuellen Seilprüfung entlastet die Software die Mitarbeiter, erhöht die Sicherheit und dokumentiert die Prüfung. So wird die Kontrolle nachvollziehbar.

Die softwarebasierte Seilprüfung erlaubt eine visuelle Aufnahme zu gleichen Prüfbedingungen, wie sie mit einem magnetinduktiven Prüfgerät durchgeführt werden. Das System kann sowohl stationär als auch mobil eingesetzt werden.

Während der Messung erfasst eine Kamera die Bildsignale. Diese kann der Mitarbeiter im Livebild betrachten. Vorteile sind zum einen die Inspektionsgeschwindigkeit von bis zu 2,5 m/s, zum anderen die anschließende Auswertung am Computer.

Diese kann in einer ruhigen und sicheren Umgebung erfolgen. Im Falle von Unfällen oder Schäden am Seil können die Seilprüfungen nochmals geprüft und verglichen werden. In vielen Ländern wird die softwaregestützte visuelle Seilprüfung mit WINSPECT inzwischen offiziell anerkannt, teilweise erhöhen sich sogar die Prüfintervalle.

Abbildung 3: Messschrieb der resultierenden Drehung eines Förderseiles.

Die zerstörungsfreie Kombi-Prüfung

Die Zukunft wird aus der Kombination von magnetinduktiver Seilprüfung und gleichzeitig softwarebasierter visueller Seilkontrolle bestehen. So können Schäden leichter klassifiziert werden, etwa ob es sich um einen Außen- oder Innendrahtbruch handelt.

Zusätzliche Prüfmethoden

Neben den beiden oben genannten etab- lierten Prüfmethoden hat das IFT neue Kontrollinstrumente entwickelt. Dazu gehören der bereits verfügbare Drehsensor (siehe Abbildung 2) und das neue kontinuierliche Welligkeits- und Durchmesserprüfgerät.

Mit Hilfe des Drehsensors kann die Verdrehung von laufenden Seilen kontinuierlich geprüft werden. Dazu wird das Messgerät am Seil befestigt, um die Verdrehung dauerhaft zu erfassen (Abbildung 3). Stützenüberfahrten sind dabei kein Problem, sondern sogar erwünscht, da insbesondere diese Positionen eine Quelle für Seilverdrehung darstellen können.

Fazit

Das IFT ist im Bereich der Seilbahnen und Seile als Prüf- und Forschungsstelle tätig und entwickelt als solche neuartigen Prüfmethoden zur Beurteilung von Seilen und deren Lebensdauer.

Dipl.-Ing. Ralf Eisinger, Dr.-Ing. Gregor Novak