SISAG in Zermatt – Autonom pendeln

Die neue Pendelbahn Zermatt-Furi lässt sich auch ohne Fahrpersonal betreiben. Dafür sorgen viel Technik und Künstliche Intelligenz.

Die moderne 100er-Kabinenbahn Zermatt-Furi ersetzt seit 2023 die 80er-Kabinen-Pendelbahn gleichen Namens. Sie ist mit ihrer Stütze in Lupenform nicht nur eine architektonische Landmarke, sondern spielt auch technisch in der obersten Liga.

Dafür sorgen zahlreiche Sensoren und Kameras, umfangreiche Softwarelösungen, ein großes IT-Netzwerk und sogar Künstliche Intelligenz. Der Grund: Die Pendelbahn Zermatt-Furi lässt sich mit all dem auch autonom betreiben.

Das angewendete AURO-Konzept wurde von dem Seilbahnhersteller GARAVENTA entwickelt und die Umsetzung des Steuerungsteils erfolgte in enger Zusammenarbeit zwischen GARAVENTA und SISAG.

Architektonische Landmarke

Die Pendelbahn Zermatt mit ihrer Stütze in Lupenform.

Personal muss nicht immer ausrücken

„Uns war bereits in der Planungsphase wichtig, dass die Pendelbahn autonom betrieben werden kann. Sie dient nämlich hauptsächlich dem Mitarbeitertransport und für Sonderfahrten, gerne in Randzeiten“, berichtet Reinhard Lauber, Bereichsleiter Technik Süd der Zermatt Bergbahnen.

Damit nicht immer ein Mitarbeiter für nur eine Fahrt extra zur Anlage kommen muss, berücksichtigte das Unternehmen das Fahren ohne Betriebspersonal bereits in der Planung der Seilbahn.

„Andererseits wollten wir je nach Uhrzeit oder Personenzahl rasch auf manuellen Betrieb umsteigen können. Denn die Pendelbahn wird durchaus für den regulären Transport verwendet, etwa wenn der Matterhorn Express in Revision geht oder überlastet ist“, beschreibt Lauber die Anforderungen an die neue Bahn.

Für deren Umsetzung setzten die Zermatt Bergbahnen auf das Unternehmen SISAG. „Das Fahren ohne Betriebspersonal hat SISAG bereits bei unserer Umlaufseilbahn Kumme in Zusammenarbeit mit GARAVENTA bestens umgesetzt – inklusive einwandfreiem Kundendienst. Da fiel es uns leicht, auch bei der Pendelbahn Zermatt-Furi auf das Team aus Schattdorf im Kanton Uri zu setzen“, betont Lauber.

Reinhard Lauber

Bereichsleiter Technik Süd, Zermatt Bergbahnen

Redundantes Netzwerk

Wie aufwendig das Projekt für SISAG war, beschreibt der dortige Leiter für ICT-Projekte, Martin Schuler: „Das ITNetzwerk umspannt Stationen, Kabinen und Stützen und ist stärker als bei klassischen Anlagen redundant angelegt, etwa was die Firewall betrifft“.

Auditiv wird der Gast durch Sprechstellen in den Kabinen und Stationen überall erreicht, was nicht nur für den autonomen Betrieb relevant ist, sondern auch, um das Schweizer Behindertengleichstellungsgesetz zu erfüllen.

„Durchsagen können automatisch und betriebsabhängig abgespielt werden – etwa bei der Türschließung oder bei Überlastung der Kabinen. Alternativ kommuniziert ein Mitarbeiter mit den Gästen – entweder durch die Leitstandtelefone oder per Weiterleitung vom eigenen Smartphone aus“, berichtet Schuler.

Zudem sind Marketing-Schnittstellen vorgesehen.

Martin Schuler,

Leiter ICT-Projekte, SISAG

360°-Kameraüberwachung

Bei dem Fahrbetrieb ohne Bedienpersonalist die Kameraüberwachung essentiell, entsprechend wichtig und aufwendig ist die Videoplanung, so Schuler. Insgesamt installierte SISAG 19 Kameras, viele davon mit einer 360°-Rundumsicht Jeder Winkel in den Stationen und in den Kabinen ist damit abgedeckt.

Die Betreiber und auch SISAG haben jederzeit Live-Zugriff auf die Aufzeichnungen. Diese werden im rechtlich zulässigen Zeitraum gespeichert und danach gelöscht. Damit kommt die Bahn einerseits der Dokumentation von etwaigen Zwischenfällen nach, andererseits auch dem Datenschutz.

KI zählt die Gäste

Neben Kameras sind Sensoren ein wichtiger Bestandteil für den Fahrbetrieb ohne Bedienpersonal. „So erfasst ein Lichtgitter, ob sich Personen auf dem Bahnsteig befinden, bevor sich die Tür der Kabine schließt“, erklärt Schuler.

Besonders stolz ist er auf die 3D-Sensoren für die Gästezählung: Künstliche Intelligenz erfasst an zwei Stellen im Tal und an einer Stelle am Berg anhand von Punktwolken die Anzahl der Gäste.

Überschreitet diese einen definierten Schwellenwert wird der Fahrplan entsprechend angepasst oder sogar von autonomen auf manuellen Betrieb umgestellt. Auch die Gästeinfo bezüglich dem Fahrplan wird auf den Monitoren entsprechend angepasst.

„Das 3DSensorsystem ist das Ergebnis jahrelanger firmeninterner Arbeit und das technische Herzstück der Anlage“, so Schuler.

Es ist wie alle anderen Komponenten voll in das SISAG-Cockpit integriert, das auch die Seilbahnsteuerung umfasst. Sämtliche Kameras, Sprechstellen, Sensoren, Softwarelösungen und IT-Netzwerke kommunizieren miteinander und passen sich dem manuellen bzw. autonomen Betriebsmodus an.

Transparenz

Monitore zeigen den Fahrgästen die Auslastung der Pendelbahn Zermatt-Furi an.

Akzeptanz bei Mitarbeitern und Gästen

„Der Fahrbetrieb ohne Bedienpersonal funktioniert jedenfalls einwandfrei“, berichtet Reinhard Lauber.

Um Extrafahrten tatsächlich von Zuhause aus bedienen zu dürfen, sind die Zermatt-Bergbahnen aktuell noch in Abstimmung mit dem Schweizer Bundesamt für Verkehr (BAV), was sichere Logins und Datenleitungen betrifft. Technisch möglich wäre es bereits.

Auch die Kameraüberwachung und die Sprechanlage haben den Praxistest bestanden. Die Steuerung wird meist im Kontrollcenter übernommen, das im Büro des Technischen Leiters untergebracht ist.

Im autonomen Betrieb kann als Vorgabe eine Zeit oder eine Personenanzahl hinterlegt werden, schließt Lauber: „Die Gäste freuen sich ebenfalls. Die Seilbahn funktioniert für sie ja quasi wie ein Aufzug!“