Was Mitarbeiter von Führungskräften erwarten

Mehr Vertrauen, weniger Kontrolle. Mehr Empathie, weniger Old-School-Denken. Eine neue Studie zeigt die Erwartungen der Österreicher an ihre Führungskräfte.

Leadership steht im Fokus einer neuen Studie von Great Place to Work, dem internationalen Forschungs-, Zertifizierungs- und Beratungsnetzwerks.

632 repräsentativ ausgewählte Arbeitnehmer in Österreich wurden gefragt, was sie bei ihren Führungskräften vermissen und was sie sich in Zukunft von ihnen erwarten.

Das Ergebnis: mehr Vertrauen, weniger Kontrolle. Mehr Empathie, Kommunikationsfreudigkeit und fachliche Kompetenz. Weniger Old-School-Denken, dafür mehr New-Leadership-Qualitäten.

Die Pandemie und die Arbeitswelt

Die Corona-Pandemie hat gezeigt: Je instabiler die Außenwelt, umso mehr müssen Unternehmen nach innen Stabilität vermitteln. Nur 36 Prozent der Mitarbeiter finden diese Stabilität durch ihre Führungskräfte vermittelt, 41 Prozent finden bei diesen ein offenes Ohr für ihre Ängste und Sorgen. Hier ist noch viel Luft nach oben.

Mit 62 Prozent Zustimmung deutlich besser wahrgenommen fühlen sich Mitarbeiter im Homeoffice. Führung auf Distanz kann aber ohne Vertrauen nicht gelingen.

„Vertrauen hat noch nie eine größere Rolle in unserer Gesellschaft gespielt: im privaten Alltag genauso wie am Arbeitsplatz“, so die Studienautoren.
Das Vertrauensverhältnis zwischen Führungskräften und Mitarbeitern in Österreichs Betrieben ist also eher mäßig ausgeprägt.

Männer erleben ihre Führungskräfte stärker als kontrollierend als Frauen. Beide Geschlechter sehen Vertrauenskultur an ihren Arbeitsplätzen als mittelmäßig ausgeprägt.

Ältere Mitarbeiter sind in der Wahrnehmung der Qualitäten ihrer Führungskräfte deutlich kritischer als jüngere. Eine vertrauensbasierte Unternehmenskultur gelingt am besten in Betrieben mit weniger als 100 Mitarbeitern; in mittelständischen Unternehmen mit 100 bis 249 Mitarbeitern erleben die Menschen eine solche Vertrauenskultur am wenigsten.

Key Facts zur Studie

Great Place to Work: national repräsentative Online-Erhebung unter unselbständig Beschäftigten in Österreich über das Bilendi-Online-Panel in den Branchen: Gewerbe und Handwerk, Industrie, Handel, Banken und Versicherung, Transport und Verkehr, Tourismus und Freizeitwirtschaft, Information und Consulting, öffentlicher Dienst, Gesundheit, Sonstiges.

632 Befragte in Unternehmen mit mindestens 10 Beschäftigten Anfang November 2020, davon 317 Frauen und 315 Männer.

Vergleichsstudie Juni: 629 Befragte in Unternehmen mit mindestens zehn Beschäftigten, durchgeführt im Juni 2020, davon 310 Frauen und 315 Männer, vier divers.

Homeoffice wirksam wie nie

„Das Homeoffice erweist sich seit dem ersten Lockdown als Rettungsanker zahlreicher Betriebe und ist in der Akzeptanz der Mitarbeiter gestiegen“, so die Studienautoren weiter.

Dort, wo Homeoffice schon vor der Krise möglich war und noch immer möglich ist, sind auch Vertrauen und Zuversicht im Hinblick auf die Zukunft am stärksten ausgeprägt. So sehen rund 50 Prozent der Befragten in diesem Segment die Krise als Chancenbringer.

Dagegen ist der Rückgang dieses Wertes im Vergleich zur Datenerhebung im Juni 2020 bei denjenigen am größten, die wieder ins Büro mussten (minus 22 Prozent). Dennoch gibt es nicht wenige Führungskräfte, die an der strikten Anwesenheitsdoktrin festhalten. Hier scheint noch ein Old-School-Denken vorzuherrschen.

Die digitale Transformation wird von Menschen, die dauerhaft „remote“ arbeiten können, viel stärker wahrgenommen als von Menschen, die wieder vom Büro aus arbeiten müssen oder deren Arbeit nicht im Homeoffice erbracht werden kann.

Menschen, die dauerhaft im Homeoffice tätig sein können, sind auch nachhaltig davon überzeugt, dass sich aus der Krise für ihr Unternehmen Chancen ergeben. Auf der anderen Seite verlieren Personen, die wieder in den alten Alltag zurückkehren mussten oder noch nie im Homeoffice arbeiten konnten, zunehmend den Glauben an neue Chancen.

Empathiker voran

„Der Umgang mit sich ständig ändernden Rahmenbedingungen erfordert von Menschen mit Führungsverantwortung New Leadership – Vertrauen, Mut, Tatkraft, Zuversicht und Empathie, um die Mitarbeiter mit auf die Reise zu nehmen“, betonen die Studienautoren.

Menschen erleben in ihrem Arbeitsalltag eine Abnahme des Zusammengehörigkeitsgefühls und der Motivation und haben das Gefühl, von den Führungskräften wenig wahrgenommen zu werden.

Führung auf Distanz erfordert mehr Vertrauen und weniger Kontrolle. Die Mehrheit der Studienteilnehmer, die im Homeoffice arbeiten, nehmen diese Verlagerung der Schwerpunkte auch wahr.

Wenn es nach den Wünschen von Mitarbeitern geht, sollen Führungskräfte in Zukunft ihr Personal wieder verstärkt in den Mittelpunkt stellen sowie empathisch, kommunikativ und kompetent sein.

New Leadership – Menschen führen

Begeisterung und Optimismus, gepaart mit einer aktiv gelebten Stärkenorientierung, machen New Leadership aus – all diese Faktoren erleben Mitarbeiter in
Österreichs Unternehmen derzeit nur in geringem Umfang“, so die Studienautoren.

Das Empfinden, dass Führungskräfte ein offenes Ohr für Ängste und Sorgen des Personals haben, ist im Vergleich zum Juni 2020 dramatisch gesunken – minus 16 Prozent! Lediglich vier von zehn Befragten erleben diese Qualitäten noch bei ihrem Arbeitgeber.

Vorbildhaftes Verhalten an der Spitze, das die besten Eigenschaften der Organisation repräsentiert, wird von den Mitarbeitern in Österreichs Betrieben immer weniger wahrgenommen.

Vor diesem Hintergrund ist es interessant zu sehen, wie Arbeitnehmer sich ihre Führungskräfte wirklich wünschen. Demnach stehen Empathie, Kommunikationsfreudigkeit und fachliche Kompetenz ganz oben auf der Liste der Qualitäten einer Führungskraft.

Das sind zugleich die wesentlichen Attribute eines New Leadership, ebenso wie Glaubwürdigkeit, Respekt und Fairness, schließen die Studienautoren:

„Baut eine Führungskultur auf diesen Werten auf, führt das – wie unsere Forschungen der vergangenen 30 Jahre zeigen – zu mehr Produktivität und weniger personeller Fluktuation in Unternehmen!“