Neue Studie von BPD zu urbanen Seilbahnen

Die bereits auf dem Seilbahntag in Mannheim angekündigte Studie des Projekt- und Gebietsentwicklers BPD (Bouwfonds Immobilienentwicklung) ist veröffentlicht worden. Gemeinsam mit der Hochschule Darmstadt und dem Architekturbüro UNStudio aus Amsterdam ist einigen Fragen nachgegangen worden.

Studie nimmt internationale Beispiele als Vorbild

Im alpinen Gelände sind Seilbahnen den meisten Menschen bestens vertraut. In den Städten sieht das anders aus. Dabei zeigen bekannte Beispiele wie in Medellín, Bogotá oder der bolivischen Hauptstadt La Paz auch den Nutzen von Seilbahnen für den öffentlichen Verkehr auf.

Auch in Europa gibt es aktuelle Beispiele von bereits erfolgreich betriebenen, in Planung befindlichen oder auch nicht realisierten Projekten. In Toulouse befindet sich seit 2022 die längste städtische Seilbahn in Betrieb, in London verbindet eine Seilbahn bereits seit 2012 die Stadtteile Greenwich und Docklands.

In Deutschland wurde im Herbst 2022 vom Bundesverkehrsministerium ein Handlungsleitfaden für Kommunen und Verkehrsverbünde vorgestellt, um die Integration von Seilbahnen in die urbane Mobilität zu fördern.

Vielzahl positiver „Seilbahneffekte“

Auf der Grundlage von Workshops sowie Interviews mit Expertinnen und Experten aus der Stadt- und Verkehrsplanung, aus Verwaltung und Politik, von Seilbahnherstellern und -betreibern sowie Bürgerinnen und Bürgern definiert die Studie eine Vielzahl positiver Auswirkungen und Eigenschaften von urbanen Seilbahnen. Die wichtigsten „Seilbahneffekte“ im Überblick:

  • Urbane Seilbahnen können eine Alternative zur ÖPNV-Erschließung neuer Stadtquartiere sein.
  • Urbane Seilbahnen sind ein barrierefreies und nichtdiskriminierendes Verkehrsmittel.
  • Seilbahnen verursachen wenig Lärm und keinerlei Luftschadstoffe, sie sind deshalb ein emissionsarmes Verkehrsmittel.
  • Urbane Seilbahnen verursachen kaum Bodenversiegelung und keine geografische Trennung zwischen Stadtarealen. Sie konkurrieren nicht mit den etablierten Verkehrsmitteln um die begrenzten Verkehrsflächen in der Stadt.
  • Seilbahnen können Hindernisse wie topografische Höhenunterschiede, Gewässer, Straßen, Gleisfelder oder Industrieareale problemlos überwinden.
  • Der CO2-Fußabdruck einer Seilbahn ist deutlich geringer als der von konventionellen Systemen. Seilbahnen können mit erneuerbaren Energien betrieben werden.
  • Seilbahnen sind im Betrieb und Personaleinsatz kostengünstig und im Vergleich zu anderen Verkehrssystemen schnell zu realisieren.
  • Seilbahnkabinen und -stationen stellen einen Begegnungsraum dar, in dem Kommunikation stattfinden kann.
  • Knotenpunkt Seilbahnstation: Neben der Verkehrsfunktion können Geschäfte, Gastronomie und soziale Nutzungen in die Station integriert werden.
  • Seilbahnstationen können in einer Quartiersmitte als wichtiger Bezugspunkt wirken und identitätsstiftend sein.
  • Die Expertinnen und Experten identifizierten aber auch Herausforderungen einer urbanen Seilbahn, darunter die starre Punkt-zu-Punkt-Verbindung, die Verschattung durch Kabinen sowie die Integration der Seilbahnstützen in das städtebauliche Umfeld.

Seilbahnen als Bestandteil urbaner Mobilitätskonzepte

„Wie bei jedem Infrastruktur- oder Neubauprojekt ist die Partizipation der Bevölkerung bei der Planung und Umsetzung von wesentlicher Bedeutung“, so Han Joosten, Leiter Gebietsentwicklung bei BPD. „Und natürlich müssen auch Verkehrsgesellschaften und kommunale Verkehrs- und Planungsabteilungen frühzeitig in Diskussionen einbezogen werden. Das Fazit unserer Studie: Die Seilbahn sollte in Machbarkeitsstudien für urbane Mobilitätskonzepte miteinbezogen werden. Denn die Vorteile liegen auf der Hand: nachhaltig, schnelle Bauzeiten, ein relativ geringer Flächenanspruch und Stationsgebäude, die einem Stadtquartier viele Mehrwerte bieten. Was wir brauchen: Eine integrierte Planung mit einem ergebnisoffenen Ansatz und den Mut, unkonventionelle Wege zu gehen.“

Han Joosten

Leiter Gebietsentwicklung bei BPD

„Ziel ist es doch, unsere Städte nachhaltig, resilient und sozial gerecht zu entwickeln – gerade im Hinblick auf steigende Einwohnerzahlen, demografische Entwicklung und Klimawandel. Zentraler Baustein dabei ist der Mobilitätswandel. Wir benötigen einen gut ausgebauten öffentlichen Personennahverkehr, der zugleich klimaneutral, barrierefrei und sicher ist. Welchen Beitrag urbane Seilbahnen dazu leisten können, das wollten wir genauer unter die Lupe zu nehmen.“