Rückblick auf den 2. Seilbahntag

Der Regionalverband FrankfurtRheinMain in Zusammenarbeit mit der Hochschule Darmstadt hat am 10. Mai zum 2. Seilbahntag in der Region Frankfurt geladen. Knapp 100 Fachleute aus Politik, Hochschulen und Wirtschaft diskutierten verschiedene Themen rund um die Anwendung von urbanen Seilbahnen. Eine Idee für die Verbindung der Städte Frankfurt und Offenbach erhielt besondere Aufmerksamkeit.

Eignen sich Projekte wie in Frankreich oder Amsterdam zum Vorbild für FrankfurtRheinMain? Inwiefern können Seilbahnen Lösungen für die zunehmenden Verkehrs- und Pendlerströme dieser Boom-Region bieten? Und welche Vorteile bietet dieses Verkehrsmittel bei Planungszeiten und ökologischem Fußabdruck?

Diese Leitfragen bestimmten das Tagungsprogramm, das von einer Ausstellung der Hochschule Darmstadt (hda) in Kooperation mit der Hochschule für Gestaltung Offenbach (hfg) abgerundet wurde. Prof. Dr. Jürgen Follmann von der hda, ein Vordenker für urbane Seilbahnen in Deutschland, führte als Moderator durch den Tag in den Räumlichkeiten des Regionalverbandes.

Nach den einleitenden und motivierenden Worten des Verbandsdirektors Thomas Horn, erläuterte Sebastian Beck (Drees & Sommer) den Hintergrund, die Inhalte und den Zweck des kürzlich erschienen Bundesleitfadens zur Anwendung urbaner Seilbahnen in Deutschland. Er verwies auf die Individualität von Infrastrukturprojekten, die ein Leitfaden nicht abdecken könne.

Vielmehr dient dieser Kommunen als Einstiegshilfe in die Thematik, die für viele noch Neuland ist. Darüber hinaus wurden im Zuge der Leitfadenerarbeitung Handlungsempfehlungen an das Bundesverkehrsministerium gerichtet, die auf bestehende Hürden Bezug nehmen. Im Anschluss zeigte der wohl am weitesten angereiste Teilnehmer Patrick Vial (Tisséo Collectives) auf, wie man in Frankreich sämtliche Hürden bereits überwunden hat. Seit einem Jahr können Fahrgäste in Toulouse mit einer urbanen Seilbahn fahren, ebenso wie schon in Brest oder St. Denis.

Als Projektleiter der Toulouser Seilbahn wird Patrick Vial aktuell von vielen französischen Städten als Ansprechpartner genutzt, um die eigenen Vorhaben voranzutreiben. Nach seinem Einblick in das Toulouser Projekt knüpfte Christoph Rittersberger (Transdev Rhein-Ruhr) mit einem Beitrag aus Betreiberperspektive an. In Frankreich und Südamerika betreibt Transdev bereits Seilbahnen, für die geplante Pariser Seilbahn habe man den Zuschlag erhalten und in Deutschland schiebe man zurzeit viele Projekte an, so Rittersberger.

Vor der Mittagspause richtete Han Joosten (BPD Immobilienentwicklung GmbH) meinungsstarke Worte an das Auditorium und wünschte sich etwas mehr Experimentierfreudigkeit und (niederländischen) Pragmatismus von deutschen Städten.

Für ihn als Gebietsentwickler ist die Erschließungsfrage von großer Bedeutung und kann über Wohl und Wehe von großen Projekten entscheiden. Daher sind Seilbahnen als Option in den Fokus von bpd gerückt, um neue Gebiete kosteneffizient und nachhaltig zu erschließen.

Dominik Berndt (Cable Car World) und Edgar Welti (REMEC) vor der Infowand zur HIGH¯LINE.

Nach dem Mittag ist vor dem Kaffee! Im zweiten Block gaben Jürgen Heinzel (UN Studio), Helmut Wiesner (Bundesstadt Bonn) und Mathis Lepski (PwC) Einblicke in ihre Arbeit am Thema urbane Seilbahnen. Als Architekt und Designer befasst sich Jürgen Heinzel mit der Gestaltung von Stationsgebäuden und Stützbauwerken von Seilbahnen. In Städten sind hierbei gänzlich andere Anforderungen zu erfüllen als am Berg.

Insbesondere das Projekt „Ijbaan“ in Amsterdam ist aktuell weit gediehen, samt Entwürfen von UN Studio. Es besteht bei allen Akteuren grundsätzliche Einigkeit, noch sind aber einige Fragen zu klären, bis endgültig grünes Licht gegeben werden kann. Gleiches gilt auch für die Bundesstadt Bonn, deren Projektgenese und Sachstand von Verkehrsdezernent Helmut Wiesner vorgestellt wurde.

Aktuell laufen viele Abstimmungen im Hintergrund, grundsätzlich sei man aber auf einem guten Weg und könnte zum Pionier in Deutschland werden, sollte in Bonn tatsächlich die erste echte urbane Seilbahn in den Betrieb gehen können.

Mit der HIGH¯LINE von Offenbach nach Frankfurt?

Im letzten Block – nach dem wohlverdienten Nachmittagskaffee – wurden die Perspektiven auf die regionale Hochschullandschaft gelegt. Dabei wurde die Idee einer Seilbahn zwischen Offenbach und Frankfurt in den Mittelpunkt gerückt. Sie firmiert unter dem Slogan HIGH¯LINE und soll u.a. den Main queren und mehrere ÖPNV-Stationen miteinander verbinden.

Auch die begleitende Ausstellung hat sich dieser Idee angenommen und mit anschaulichen Plakaten und Modellen visualisiert (Mehr Infos: HIGH¯LINE – Offenbach Institut für Mobilitätsdesign (oimd.de)). Prof. Peter Eckart und Daniel Rese von der hfg erläuterten ihre Ansätze, ehe Thomas Marx von der hda mit Perspektiven für die Region fortfuhr.

Abschließend kam eine große Runde zusammen zu einer Podiumsdiskussion. Prof. Follmann stellte seine Fragen an Kai Dietl (traffiQ – Lokale Nahverkehrsgesellschaft Frankfurt am Main mbH), Sebastian Heller (Rhein-Main-Verkehrsverbund), Georgios Kontos (Regionalverband FrankfurtRheinMain), Thomas Marx (hda), Daniel Rese (hfg), Maximilian Rohs (PwC) und Michael Rüffer (Verkehrsgesellschaft Frankfurt am Main – VGF).

In der lebendigen Diskussion wurde einmal mehr deutlich, dass urbane Seilbahnen noch nicht bei allen Verkehrsplanern und kommunalen Entscheidungsträger als echte ÖPNV-Option angekommen sind. Es bedarf noch viel Aufklärungsarbeit und Veranstaltungen wie dieser, um die Möglichkeiten und Potentiale von urbanen Seilbahnen aufzuzeigen.

In der Region FrankfurtRheinMain sind bisherige Überlegungen (auch bedingt durch die Pandemie) noch nicht weit gediehen, sodass die Teilnehmenden aus der Veranstaltung wieder neuen Schwung mitgenommen haben, das Thema voranzutreiben.

Die nächste regionale Initiative findet schon am 15. Juni 2023 in Mannheim statt. Der dortige VRN-Seilbahntag wird einen etwas anderen Schwerpunkt haben. Die SI ist ebenfalls vor Ort und wird berichten. Jetzt anmelden für Mannheim: VRN | Der VRN-Seilbahntag, 15. Juni 2023