Nachhaltigkeit – Mobilität im Wandel

Die Corona-Pandemie hat gesellschaftliche Veränderungen beschleunigt. Die Mobilität ist davon stark betroffen.

Gesellschaften und ihr Mobilitätsverhalten sind träge. Doch die Coronapandemie hat eine massive und rasche Transformation bewirkt, so Harald Welzer von der Universität St. Gallen im Rahmen des Events IONICA: „Für die Etablierung des Home Office und den damit verbundenen geänderten Mobilitätsverhalten hätten wir sonst zehn bis 15 Jahre benötigt!“.

Jetzt bestehe die Chance, Qualität und Daseinsfürsorge statt Optimierung und Effizienz für jeden Preis zu verfolgen. „Nachhaltigkeit in der Mobilität besteht darin, Gutes anzubieten und Schlechtes abzuschaffen!“, sagt Welzer.

Dazu gehöre auch das Eingeständnis, dass das 21. Jahrhundert nicht die Ära des Autos ist – selbst wenn es umweltfreundlicher wird. „Wir müssen unsere Städte autofrei denken. 19 Prozent von Berlin sind zugeparkt – oft sogar kostenlos. Gleichzeitig haben wir eine Wohnungsnot“, bringt Welzer die laut ihm absurd hohe mentale Stellung des Individualverkehrs auf den Punkt.

Städte wie Kopenhagen, Galicia, Paris oder New York würden aber bereits in die richtige Richtung gehen und sich in der Stadtplanung fragen: Für wen bauen wir?

Autofrei auch am Land?

Selbst am Land sollten wir autofrei denken. Welzer schlägt etwa öffentliche Rufbusse vor, für die es bereits Modellversuche gebe – etwa mit Apps on Demand.

„Diese Rufbusse werden mit anderen öffentlichen Verkehrsmitteln digital und zeitlich synchronisiert, damit das Reisen so komfortabel wie möglich ist“, betont Welzer.

Das eigene, autonom fahrende Auto sieht der Forscher mit Blick auf die Stau-, Ressourcen- und Parkplatzproblematik kontraproduktiv: „Die Zukunft liegt nicht in der Fortschreibung veralteter Verkehrsformen!“

Vielmehr muss der öffentliche Verkehr attraktiv und positiv besetzt sein, etwa durch Haltestellen, die als Mobility Hubs konzipiert sind und E-Bike-Ladestationen, Restaurants und Geschäfte beinhalten.

Für urbane Seilbahnstationen gibt es bereits derartige Konzepte. Mit Blick auf die Vereinsamung der Menschen im Home Office schlägt Welzer Co-Working-Spaces vor. Sonst pendeln wieder zu viele Menschen, um die fehlende Kommunikation auszugleichen.