Nationaler Leitfaden soll Seilbahnbau erleichtern

Das deutsche Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) hat das Stuttgarter Planungs- und Beratungsunternehmen Drees & Sommer SE gemeinsam mit dem Verkehrswissenschaftlichen Institut Stuttgart GmbH (VWI) beauftragt, eine Studie über die „stadt- und verkehrsplanerische Integration urbaner Seilbahnprojekte“ zu erarbeiten. Ergebnis soll ein Leitfaden für die „Realisierung von Seilbahnen als Bestandteil des öffentlichen Personen-Nahverkehrs (ÖPNV)“ sein, der in zwei Jahren vorliegen soll.

Kein Verkehrsmittel polarisiert so wie die urbane Seilbahn. Dieses spannende Phänomen führt dazu, dass gerade zu Planungsbeginn der Widerstand gegen eine Seilbahn sehr hoch sein kann. Dies liegt meist daran, dass betroffene Personen dieses System nicht aus ihrem direkten Umfeld kennen. Das BMVI will nun für Klarheit sorgen und hat einen deutschlandweiten Leitfaden für urbane Seilbahnsysteme in Auftrag gegeben.

„Zu Beginn gilt es zu beachten, dass jedes deutsche Bundesland über ein eigenes Seilbahngesetz verfügt. Dabei ist es egal ob bereits eine Seilbahn verwirklicht wurde oder nicht“, erklärt Sebastian Beck, Projektleiter bei Drees & Sommer, die Gesetzeslage in Deutschland. „Zwischen den Bundesländern herrscht ein reger Austausch. Jene mit praktischer (häufig alpiner) Seilbahnerfahrung, wie zum Beispiel Bayern oder Baden-Württemberg bringen sich hier verstärkt ein. Dennoch gibt es kein einheitliches Gesetz“, berichtet Beck weiter.

Ablauf der Studie

Für die Analyse hat man spezielle Arbeitspakete geschnürt. Eines sieht zum Beispiel die Analyse von Seilbahnen im urbanen Raum vor, während sich ein anderes mit dem Status Quo in Deutschland beschäftigt. Außerdem werden acht Fallbeispiele von bereits umgesetzten Projekten analysiert, um so mögliche Erkenntnisse für Seilbahnprojekte in Deutschland abzuleiten.

Im Zentrum der Erhebung stehen Experteninterviews mit Fachleuten und Verbänden, aber auch Unternehmen aus der Seilbahnwirtschaft werden zu diesem Thema befragt. Für den Infrastruktur-Experten Sebastian Beck ist es auch von zentraler Bedeutung die Bevölkerung gleich von Beginn an einzubinden: „Nur wer den Dialog sucht und offen kommuniziert, kann auch die Bedenken der Menschen berücksichtigen und ausräumen. Seilbahnen sind in Punkto Akzeptanz vergleichbar mit Handy-Masten – jeder will ein gutes Signal aber keiner will einen Masten. Jeder ist von der Idee einer urbanen Seilbahn begeistert, solange sie nicht über oder am eigenen Grund vorbeiführt.“

Aus diesem Grund beabsichtigt man auch im Zuge der Leitfadenerstellung Workshops in sechs deutschen Städten durchzuführen. Die ausgewählten Kommunen beschäftigen sich dabei schon einige Zeit mit dem Thema urbane Seilbahn und sind derzeit in unterschiedlichen Phasen der Projektentwicklung. Die Experten sind sich sicher, dass die Akzeptanz in der Bevölkerung steigt, wenn man diese bereits von Anfang an gut einbindet und ihnen genau erklärt, warum hier eine Seilbahntrasse sinnvoller ist als ein anderes System. „Der ÖPNV in Deutschland ist sehr gut ausgebaut und man muss genau analysieren wo welches System am besten funktioniert. Seilbahnen sind kein Allerweltheilmittel, können allerdings zu einer nachhaltigeren Mobilität beitragen bspw. als Querverbindung oder Ergänzung“, stellt Beck klar.

Fazit: Die Erstellung des Leitfadens soll in zwei Jahren abgeschlossen sein und als nationalgültiger Standard im urbanen Seilbahnwesen fungieren. Durch die Einbindung von Ländern, Kommunen und der Öffentlichkeit hofft man am Ende eine möglichst einheitliche Vorgehensweise für die Umsetzung zu erhalten

Sebastian Beck

Projektleiter bei Drees & Sommer Se

„Als ich 2010 zum Unternehmen kam war mein erstes Projekt die Modernisierung der Sommerbergbahn in Bad Wildbad. Für mich war das ein spannender Einstieg und seither bin ich vom Thema Seilbahn fasziniert.“