UP Bus: Mal fährt er, mal schwebt er

Eine Kombination aus Seilbahn und autonom fahrendem Elektrobus soll laut der Technischen Hochschule Aachen (Deutschland) den Nahverkehr revolutionieren. Die vorhandene Technik müsse lediglich geschickt kombiniert werden. Ein System aus der Raumfahrt ist auch dabei.

Das Szenario: Pendler wechseln am Bahnhofsvorplatz vom Zug zu elektrischen, autonom fahrenden Kleinbussen, die an den Taxiständen stehen. Nach wenigen hundert Metern fahren die Fahrzeuge nach und nach in eine Seilbahnstation. Dort werden die Busse in das Seil eingekuppelt.

Das Fahrgestell einschließlich Motor und Batterieblock bleibt zurück, der Akku wird aufgeladen. Von nun an geht es über die Dächer bis zu einer der nächsten Seilbahnstationen. Dort bekommen die Busse ein neues Fahrgestell, klinken sich aus dem Seil aus und rollen die letzten Meter wieder über die Straße zum Zielort.

So könnte der Nahverkehr der Zukunft in Städten aussehen, glauben Professor Kai-Uwe Schröder und sein wissenschaflicher Mitarbeiter Tobias Meinert vom Institut für Strukturmechanik und Leichtbau der Technischen Hochschule Aachen.

Die Beiden forschen zusammen mit dem Lehrstuhl für Höchstfrequenzelektronik an einem System namens upBUS. Bei diesem hybriden Mobilitätskonzept wechselt das Fahrzeug zwischen einer Luftseilbahn und einem autonomen Busbetrieb.

Im Gegensatz zu einer herkömmlichen Verbindung zwischen einem Seilbahnsystem und bodengestützten Systemen wie Bussen, bei denen die Fahrgäste aussteigen müssen, können die Fahrgäste beim Hybridfahrzeug in der Kabine bleiben. Damit ermöglicht das Hybridfahrzeug eine kontinuierliche Mobilität auf zwei Ebenen.

Ein Holzmodell des upBUS wird ab Herbst 2019 auf Messen präsentiert. Fotos: TU Aachen

Kai-Uwe Schröder, Leiter des Instituts für Strukturmechanik und Leichtbau
der Technischen Hochschule Aachen

„Zahlreiche Städte und Metropolregionen auf dem Globus stehen durch die Nutzung von Autos verkehrs- und umwelttechnisch vor dem Kollaps. Um die meist schon überfüllten Straßen zu entlasten, stellt der Luftraum oberhalb des Straßenniveaus eine geeignete Möglichkeit dar. upBUS bietet dafür die Lösung an, indem es die Entwicklung zweier unterschiedlicher Verkehrssysteme, urbane Seilbahnen und autonom fahrende Elektrobusse, vereint!“

Am Beispiel der deutschen Stadt Aachen haben die Forscher ein erstes upBus-Mobilitätskonzept entwickelt. Die upBUS-Gondeln sollen jeweils 35 Fahrgäste fassen können, im 30-Sekunden- Takt verkehren und pro Richtung und Stunde bis zu 6.000 Passagiere befördern. Drei Komponenten sind dabei besonders wichtig:

Bus:
Das Fahrmodul des ersten Prototypen muss weder schneller als Schrittgeschwindigkeit fahren, noch eine große elektrische Reichweite aufweisen können. Auf aufwändige Entwicklungen wie Achsauslegungen wird daher verzichtet.

Im Inneren des Fahrmoduls befinden sich die Batterien sowie die Elektromotoren mit all den Komponenten, die für den Antrieb des Vehikels im Fahrzeugmodus erforderlich sind. Das spätere Serienmodul wird mit mehr Elementen ausgestattet sein.

Gondel:

Die Fahrgastzelle besteht aus einer Primär- und einer Sekundärstruktur. Die Primärstruktur setzt sich aus einem Dach- und einem Bodenrahmen sowie aus vier schrägen Trägern zusammen, die den Dachrahmen mit dem Bodenrahmen verbinden. Durch die Schräglage der Träger wird der Kraftfluss im Seilbahnbetrieb auf eine möglichst günstige Art und Weise vom Gehänge auf die Tragstruktur übertragen.

Alle Elemente der Primär- und Sekundärstruktur sind Profile aus einer Leichtmetall- Legierung, die miteinander verschweißt  sind. Die Sekundärstruktur dient zur Befestigung der Verkleidungselemente der Fahrgastzelle einschließlich Verglasung.

Vier vertikal angeordnete Profilstäbe verbinden zudem den Dachrahmen mit dem Bodenrahmen und dienen der Befestigung der Türen auf der einen Seite und einer Sitzgelegenheit auf der anderen.

Schnittstellen:

Die meisten transmodularen Mobilitätskonzepte werden heutzutage noch durch die fehlende hochautonom und redundante Schnittstelle verhindert. Die iBOSS-Weltraum-Schnittstelle erfüllt genau die geforderten Bedingungen. Sie ist redundant ausgelegt, kann hochautonom agieren und verfügt über alle nötigen Übertragungsmechanismen.

Die iBOSS-Schnittstelle ist als „4 in 1-System“ ausgeführt. Mit „4 in 1“ wird die Fähigkeit bezeichnet, Lasten, elektrische Energie, Daten und Wärme mit einer einzigen Schnittstelle zu übertragen. Diese Kombination ist weltweit einmalig.

Die Wissenschaftler um Kai-Uwe Schröder haben bereits ein verkleinertes Holzmodell des Busses erstellt, das ab Herbst 2019 auf Mobilitätsmessen
präsentiert werden soll. Der Bus-Prototyp wird seit dem Juni 2019 entwickelt und soll im November 2020 auf einem Seilbahnteststand der Firma DOPPELMAYR getestet werden.

Um Kosten zu senken, wird zunächst auf alles unnötige verzichtet, wie Geschwindigkeit, Reichweite, Komfort etc. Das spätere Serienmodul wird natürlich entsprechend ausgestattet sein. Das gesamte iBOSS-System (und damit auch die Schnittstelle) befindet sich dagegen bereits seit 2010 in der Entwicklung.

In einem Verbundvorhaben haben Experten aus ganz Deutschland mit einer Fördersumme von zehn Millionen Euro dieses Satellitensystem für den Weltraum konzipiert, konstruiert und gefertigt. „Wir haben überlegt, wie man die Kupplung auf der Erde nutzen könnte.

So kamen wir auf den upBUS“, schließt Meinert. 2023 soll die erste Teststrecke aufgebaut werden, auf der der upBUS verkehrt – und tatsächlich Fahrgäste befördert. ts