Verhalten ändern – Wie bewegen wir Menschen zum Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel?

Die schönste Seilbahn, der beste Bus und die tollste Tram sind nur dann sinnvoll, wenn sie von den Menschen auch angenommen werden. Doch wie können Politik und Verkehrsexperten die Bevölkerung dazu bewegen, vom Auto auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen? Dazu einige Einschätzungen von den Salzburger Verkehrstagen aus der Sicht von Wissenschaft, Verkehrsbetrieben und Ticketanbietern.

Als „Homo Urbanus“, bezeichnet die Verhaltensforscherin Elisabeth Oberzaucher den Typ Mensch, der im Mittelpunkt der Verkehrswende steht. Die Wissenschaftlerin an der Universität Wien weiß, dass das Mobilitätsverhalten der Stadtbewohner meist wenig reflektiert und aus dem Bauch heraus gesteuert wird.

„Der Mensch ist ein Energieoptimierer. Das Auto muss wirklichwegsein,damiterauföffentliche Verkehrsmittel umsteigt“, sagt Oberzaucher. Zudem will der Mensch nicht nachdenken, das Ticket- und Transportsystem sollte daher einfach und intuitiv nutzbar sein.

„Drittens ist der Mensch ein Gewohnheitstier und Risikovermeider. Ein bewährtes Fortbewegungsmittel ist für ihn immer ‚besser‘ als ein Experiment“, so die Forscherin. Die Corona-Krise kann mit ihren Zäsuren aber eine einmalige Chance sein, das Mobilitätsverhalten zu ändern.

Smart Mobility Ticketing kann die Menschen zum Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel bewegen. Foto: FAIRTQ

Storytelling statt Verbote

Dabei sind laut Oberzaucher Push- und Pull-Maßnahmen gleichermaßen notwendig: „Es geht nicht ohne Druck und Bewusstseinsbildung. Der Nutzen des öffentlichen Nahverkehrs muss klar werden, damit Menschen ihr Mobilitätsverhalten ändern.“

Besonders über Kinder kann man durch Spiel, Spaß und Ehrungen viel erreichen – auch bei den erwachsenen Verwandten. Zwang ist dagegen ein schlechter Ratgeber. „Autofahr-Verbote wirken schnell, aber nicht nachhaltig. Besser ist ein Storytelling, das die Menschen überzeugt“, sagt die Verhaltensforscherin. Learning by doing sei immer besser als Learning by teaching.

Smart Mobility Ticketing kann die Menschen zum Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel bewegen. Foto: FAIRTQ

App installieren, Verhalten ändern

Dieses Learning by doing kann etwa durch Smart Mobility Ticketing erreicht werden. Denn der Gast will eigentlich kein Ticket kaufen, sondern einfach nur fahren. Der Ticketkauf ist für ihn ein notwendiges und meist sehr kompliziertes Übel.

Daher sind intelligente Systeme gefragt, die selbst die Komplexität tragen – und sie nicht dem Gast überstülpen. Hersteller, wie FAIRTQ und HACON bieten Ticket-Lösungen an, die sich durch Einfachheit, zielgerichtetes, digitales Marketing, Drittfinanzierung, sowie neue Pricing-Mechanismen auszeichnen.

Konkret vereinigen die Check-In/ Check-Out-Apps eine kundenfreundliche und inituitive Benutzeroberfläche mit intelligenten Algorithmen, die den Ticketkauf extrem erleichtern.

„Dank einfachster Handhabung reisen die Fahrgäste entspannt ohne jegliches Vorwissen über lokale Tarife und Zonen“, berichtet Gian-Mattia Schucan, CEO von FAIRTQ. Der Kunde klickt am Smartphone zu Beginn seiner Reise auf Start und am Ende auf Stopp.

Während der Reise werden die Standortdaten erfasst. Falls der Gast den Check-Out vergisst, erinnert ihn die App daran und filtert Reiseabschnitte außerhalb der öffentlichen Verkehrsmittel heraus. „Die Bestpreis-Automatik verrechnet immer die optimale Tarifkombination.

Der Fahrgast muss sich nicht mehr um das richtige Ticket kümmern“, sagt Schucan. Laut ihm würden 40 Prozent der App-Nutzer die öffentlichen Verkehrsmittel aufgrund der Benutzerfreundlichkeit häufiger nutzen.

Weitere Trigger

Diese wird nicht zuletzt durch transparente, proaktive Information erreicht. „Daten zur Auslastung der Verkehrsmittel, die richtige Wahl der Linien, Störungen und andere Meldungen werden automatisch zu den Kunden geliefert, anstatt dass sie selbst danach suchen müssen“, erklärt Sohejl Wanjani, Account Manager bei HACON.

Mithilfe der App können die Fahrgäste sichere und kluge Entscheidungen treffen. Eine weitere wichtige Rolle spielt das Geofencing. Dabei wird Werbung für Aktiontickets zeit- und standortgebunden ausgespielt, um etwa Menschen davon zu überzeugen, die Verkehrsmittel in den Randzeiten zu nutzen.

„Checkt der Gast in definierten Zeitfenstern ein, bekommt er automatisch Rabatt!“, so Schucan. Auch Drittfinanzierung ist möglich, also dass beispielsweise Firmen die Tickets ihrer Mitarbeiter übernehmen – ein weiterer Trigger, damit die Menschen ihr Mobilitätsverhalten ändern.

Angebot gestalten

Damit Smart Mobility Ticketing seine Wirkung entfalten kann, muss die Leistung stimmen. Ohne einem attraktiven Angebot bringt auch ein einfacher Ticketkauf mit leicht verständlicher Preistruktur keine Fahrgäste.

„Die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel ist zudem keine Preisfrage. Eine Tarifreduktion ist nicht entscheidend für den Umstieg weg vom Auto“, ist Günther Steinbauer überzeugt.

Der Chef der Wiener Linien sieht in der Angebotsgestaltung den Schlüssel zur Veränderung des Mobilitätsverhaltens. Sein Unternehmen betreibt in der österreichischen Hauptstadt eines der weltweit leistungsstärksten öffentlichen Verkehrsnetze.

„Unsere Intervalle richten sich nicht nach der Uhrzeit, sondern nach der Nachfrage“, bringt Steinbauer die Strategie auf den Punkt. Zudem werden die Anschlüsse nach priorisierten Umsteigebeziehungen optimiert und das Angebot an Veranstaltungen angepasst.

„Die Fahrzeugauslastung soll in der Hauptverkehrszeit rechnerisch nicht über 65 Prozent liegen. Wir setzen hierzu Verstärkerlinien ein“ erklärt Steinbauer. In Tagesrandzeiten und am Wochenende wird hingegen eine Grundversorgung angeboten.

„Die nächste Haltestelle ist maximal 500 Meter entfernt, Mindeststandards bei den Intervallen werden garantiert“, so der Chef der Wiener Linien.

Sein Fazit: Verlässlich, pünktlich, schnell, komfortabel und dicht getaktet müssen öffentliche Verkehrsmittel sein, damit der „Homo urbanus“ sein Mobilitätsverhalten auch wirklich ändert. ts