Soziale Seilbahn

Verkehr und Gesellschaft

Um den Ansprüchen des öffentlichen Verkehrs gerecht zu werden, müssen Seilbahnen die Bedingung der allgemeinen Zugänglichkeit erfüllen. Was dies bedeutet, hat Frieder Kremer in seinem Buch „Innovation Seilbahn“ ausgeführt. Es folgt ein Auszug aus seiner Publikation mit wenigen redaktionellen Änderungen  (TU Berlin 2015: S. 47-48).

Grundsätzlich müssen alle Personen- und Altersgruppen trotz körperlicher oder sonstiger Einschränkungen – Seilbahnen in vollem Umfang nützen können. Daher werden erhöhte Anforderungen an die Sicherheit, die Benutzerfreundlichkeit und vor allem an die Barrierefreiheit gestellt.

Durch die ebenerdige Installation der Stationen bzw. die Regelung des Zugangs zu einer höher gelegenen Einstiegsebene mithilfe der inneren Erschließung der Station  (bspw. mithilfe von Aufzügen und Rampen),  wird Barrierefreiheit geschaffen.

Da die einzelnen Kabinen innerhalb der Station lediglich mit einer geringer Geschwindigkeit befördert werden, ist der Ein- und Ausstieg selbst für körperlich eingeschränkte Personen ohne größere Probleme zu bewerkstelligen.

Bei Bedarf können die Kabinen sogar vollständig gestoppt werden und der Zustieg im Stand stattfinden. Zudem ist die Mitnahme von sperrigen Gütern  (bspw. Rollstühlen, Kinderwägen, Fahrräder)  in den Kabinen problemlos möglich.

Thema Klaustrophobie

Schwieriger gestaltet sich jedoch die Zugänglichkeit für Personen mit psychischen Barrieren wie Akrophobie oder Klaustrophobie. Da Seilbahnen über eine verhältnismäßig kleine Fahrzeuggröße verfügen und die Fortbewegung in der Luft erfolgt, werden diese Ängste im Vergleich zu konventionellen Verkehrsträgern weiter verstärkt.

Daher scheint es sinnvoll, zusätzlich ein alternatives Verkehrssystem  (bspw. eine Busverbindung)  für diejenigen Nutzer zur Verfügung zu stellen, die aufgrund psychischer oder körperlichen Einschränkungen nicht in der Lage sind, Seilbahnen als Verkehrsmittel zu nutzen.

Da diese Ängste  (v. a. Klaustrophobie)  bei U-Bahnen und anderen konventionellen Verkehrsmitteln jedoch genauso auftreten können, stellt der Betrieb eines Alternativsystems keine notwendige Bedingung zur Genehmigung einer Seilbahnanlage dar.

Dieser Aspekt verdeutlicht also, dass der Stellenwert der psychischen Barrieren immer auch von dem Grad der Gewöhnung an die Art der Fortbewegung abhängig ist.

Soziale Teilhabe

Vor allem in den Schwellenländern Südamerikas bieten Seilbahnen die Möglichkeit, auch ärmere Bevölkerungsschichten an die allgemeine Infrastruktur anzuschließen und somit am öffentlichen Leben teilhaben zu lassen.

Ein Bau konventioneller Infrastrukturanlagen wie Straßen oder Bahnlinien wäre in den meist informell und dicht bebauten Favelas nur mit sehr hohen Kosten und erheblichen Eingriffen in die bestehende  (Wohn-) Bausubstanz durchführbar.

Aufgrund ihres geringen Platzbedarfs und der schnellen Realisierbarkeit besitzen Seilbahnen ein hohes Potential zur Lösung dieses Konflikts.

Soziale Konflikte

Neben den vielen Vorteilen, die Seilbahnen aufgrund ihrer eigenen Fahrtrasse mit sich bringen, schaffen sie damit ebenso einen sozialen Konflikt: Durch die erhöhte Fahrposition werden Einblicke in die Privatsphäre der Anwohner ermöglicht.

Diese gilt es, schon bei der Trassenplanung und Anlagengestaltung möglichst gut zu berücksichtigen und zu minimieren. Die Akzeptanz einer Seilbahnanlage innerhalb des öffentlichen Verkehrs spiegelt sich in den Zahlen der Nutzer wider. Sie stellt somit einen wichtigen Indikator für den Erfolg der jeweiligen Anlage dar.