Was wird sich im Tourismus ändern? Wer kommt gestärkt aus der Krise?

Zukunftsforscher Andreas Reiter vom Zukunftsbüro beschäftigt sich seit langem mit dem Thema Tourismus und Zukunft. Er erklärt, wo die Trends hingehen und wie das neue „normal“ aussehen kann.

Die Krise hat gerade den Tourismussektor kalt erwischt. Nur in den seltensten Fällen gab es Strategien für den Extremfall und so ist es nicht verwunderlich, dass die Unternehmen derzeit in einem Rad des Reagierens gefangen sind.

Diese erste Phase nennt Andreas Reiter den Krisenmodus. Man hat alle Hände damit zu tun die derzeitige Situation zu bewältigen, dass kaum Zeit bleibt, effektive Strategien für die Zukunft zu entwickeln.

Wenn dieses Rad des Reagierens hinter uns liegt, folgt die Transitphase. Diese wird nach den Einschätzungen des Experten bis zum zweiten Quartal 2021 andauern. In dieser Zeit verändern sich auch die Reisemotive.

Für viele bedeutet Covid-19 das erste Mal kollektive und individuelle Verwundbarkeit. Erstmals geht nicht alles den gewohnten Gang. Vor der Pandemie wollte man im Urlaub etwas Neues erleben. Kultur und Abenteuer standen am Plan. Dies ändert sich in der Transitphase hin zur Sorglosigkeit. Nun fährt man in den Urlaub, um sich keine Gedanken machen zu müssen.

Das Thema Sicherheit ist allgegenwärtig, doch Vorkehrungen, wie berührungsloses Zahlen und optimierte Zeitökonomie, lassen das Thema während der Reise in den Hintergrund wandern. Die Touristen setzen bedingt durch Reisewarnungen vermehrt auf Mobiles Coaching (Hausboote, Camping,…). Man setzt auf Serotonin statt Endorphin und lebt in dieser pandemischen Zeit draußen. Man erfreut sich im Urlaub am kleinen Glück der Ereignislosigkeit.

In der Post-Covid Phase lebt man vermutlich in einer Co-Existenz mit dem Virus. Es werden hier noch keine Aussagen über die Wirksamkeit eines Impfstoffes gemacht werden können, doch die Abläufe werden wieder planbarer. Gerade für den Tourismus ist das ein Segen. Eine Normalisierung des Reiseverkehrs auf einen Stand vor 2019 wird laut dem Zukunftsforscher noch länger auf sich warten lassen. 2023 scheint dabei als realistischer Wert.

PROGNOSE WINTER 2020/21

„Diesen Winter sehe ich als äußerst durchwachsen an. Ich denke, dass die Hotels dabei mit den größten Verlusten rechnen müssen. Auch die Seilbahnen werden wohl nicht an die Rekordjahre der Vorsaisonen anschließen können, doch der Tagestourismus wird auch diesen Winter zahlreiche Besucher auf die heimischen Berge bringen.

Ich denke das Vorweihnachtsgeschäft wird Corona-bedingt noch eher schwach sein. Doch in dieser Zeit wird die Stimmung und die Begehrlichkeit für das Wintererlebnis geweckt. Gegen Ende der Saison wird dieser Wunsch des vertrauten Erlebens dann größer und so auch für einen besseren Saisonausklang sorgen.“

Foto: Oliver Wolf

Corona als Brennglas

Die Entwicklungen, die sich jetzt im Tourismus abzeichnen, sind keine neuen, wie Andreas Reiter weiß. Bereits zuvor lauteten die Keywords im alpinen Tourismus Dynamic Pricing, Optimierung der Besucherströme und Digitalisierung, nur jetzt geht alles einfach schneller. Besonders wichtig ist dabei für den Experten, den Start nicht zu verschlafen. „Ich gehe davon aus, dass einige Hotels verschwinden werden und umso mehr brauchen wir integrierte Standortentwicklungen.

Man sieht nun sehr deutlich die Abhängigkeiten. Der Bäcker hängt genauso vom Erfolg der Bergbahn ab, wie ein Hotel. Eine derart entstandene Zusammenarbeit sorgt beim Besucher für ein Ge-fühl der Ehrlichkeit und lädt dadurch zum Urlauben ein. Die dadurch gewonnene Authentizität kann zur Abgrenzung gegenüber anderen Orten genutzt wer-den und einen persönlichen USP schaffen,“ so Reiter.

Gewinner der Krise

Wo es Verlierer gibt, gibt es auch Sieger. Laut Andreas Reiter werden das die Premiumprodukte sein. „Mehr denn je wird die Marke und die damit verbundenen Werte wichtig werden. Denn eine starke Marke vermittelt ein Gefühl der Sicherheit und Vertrautheit, die gerade in der Transit-, beziehungsweise der Post- Covid Phase Besucher anlockt.“  tm